Bologna von oben

Die Torri Pendenti, also die beiden schiefen Türme in der Innenstadt Bolognas, habe ich ja schon erwähnt. Zum Abschluß der Tour geht es auf den höheren der beiden, die 97m hohe Torre degli Asinelli, hinauf. Und das macht der Reisehase natürlich gern – vor allem, weil oben eine perfekt passende Nische zur Verfügung steht.

Der Turm ist der weniger stark geneigte von beiden; der andere ist mit 4% sogar stärker geneigt als der Schiefe Turm von Pisa. Dort darf man nicht hinauf; bei der Neigung hätte ich von einer Besteigung wohl aber sonst auch abgesehen. 

Die 97 Meter der Torre degli Asinelli entsprechen übrigens umgerechnet genau 12.270 Tagliatelle (gekocht), wie das der Besuchsprospekt sehr landestypisch vermerkt.

Über 498 Stufen geht es auf durchaus luftigen Holztreppen nach oben, 

…von wo man dann – surprise, surprise – eine weite Aussicht über Bologna hat.

Verona: Casa di Giulietta

Der Reisehase kann auch mal gehässig sein. Wenn’s erforderlich ist. Und jetzt ist es mal soweit.

Mindestens genausoviel Aufmerksamkeit bei den Verona-Touristen wie die Arena erfährt auch das Haus der Julia. Für Verona ist es natürlich ein Glücksfall, daß Shakespeare die Handlung seiner Geschichte von Romeo und Julia in die Stadt verlegt hat. So kann sie stolz das Haus (und an anderer Stelle das Grab) der Julia präsentieren.

Es ist ein altes Stadtpalais mitten in der Altstadt, der früher der Familie dal Capello gehörte (was mit Capulet zumindest eine gewisse lautliche Ähnlichkeit aufweist); durch eine Toreinfahrt kommt man in einen kleinen Innenhof. Hier steht eine hübsche Bronzefigur der Julia.

Historisch betrachtet steht das mit dem Haus natürlich auf sehr schwachen Beinen, was nicht zuletzt daran liegt, daß Romeo und Julia nun mal literarische Figuren sind, deren historischer Hintergrund eher dünn ist (und auch Shakespeare sich älterer Quellen und verwandter Stoffe bediente). Aber das ist letztlich auch gar nicht so wichtig; eine Geschichte von Weltrang verdient auch einen festen Ort.

Den Trash-Touristen aber stört das ohnehin nicht; er sucht den Event und hat offenbar seine festgelegte Choreographie: In den Innenhof gehen, dort ein Selfie machen, wie man der Julia-Statue die Hand auf die Brust legt, ein Pflaster mit dem eigenen Namen (und dem des Partners, falls vorhanden, evtl. auch des Wunschpartners) in den Tordurchgang bappen, fertig. Zurück zum Shopping.

So sieht es die Fremdenverkehrswerbung (Photo eines Werbeplakates):

Und so sieht das dann in der Realität aus:

Appelle an die Vernunft der Besucher verhallen weitgehend ungehört.

Dem Balkon im Innenhof, für die (Rezeptions-)Geschichte des Stoffes nicht ganz unwichtig, würdigen nur die wenigsten eines Blickes. Vermutlich nur die 5%, die Romeo und Julia gelesen oder im Theater gesehen haben…

Hab ja geschrieben, ich müßte mal gehässig sein. 

Der Balkon ist übrigens sowieso nicht original und wurde erst im 20. Jh. angebaut. Darauf kommt’s dann aber auch nicht mehr an.

Genau wie die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen, die ich gern ein paar Meter weiter ins Meer hinaus verlegt sehen würde, um ihr etwas mehr Ruhe zu verschaffen, muß die Julia-Statue einiges ertragen. Da hier kein Meer in der Nähe ist, bräuchte es einen Zaun oder sowas.

Ich verstehe nicht so ganz, wieso an bestimmten Orten so ein Massenauflauf zustandekommt, an dem alle wie die Lemminge einem festen Ablauf folgen. Haben die alle rein zufällig ein Heftpflaster dabei? Kaum. Ich vermute eher, daß Bento oder ein anderes intelligenzfreies Medium mal einen Artikel veröffentlicht hat: “10 Statuen in Europa, mit denen Du ein Selfie gemacht haben mußt”.

Arme Julia.

Verona

Mit dem privaten Hochgeschwindigkeitszug Italo geht’s heute nach Verona.

Und das Symboltier von Italo gefällt mir auch ganz ausgezeichnet.

Graue Wolken heute in Verona: Später kommt auch der große Regen. Wie gut, daß ich den Schirm in Bologna gelassen habe; da wird wenigstens der nicht naß. ?

Hauptsehenswürdigkeit der Stadt an der Etsch ist die römische Arena, das Amphitheater (um 30 n. Chr.). Es faßt heute noch immer 22.000 Zuschauer und ist im Sommer Schauplatz der bekannten Opernfestspiele.

Ebenfalls römisch ist die Ponte Piedra von etwa 100 n. Chr.

Da auch am Sonntag dieGeschäfte geöffnet sind, ist in der Altstadt entsprechend viel los:

Im Zentrum der Altstadt liegt die Piazza delle Erbe:

Und auch Verona hat seine Herrscherfamilie: Die Scaliger (della Scala) regierten die Stadt ab 1260 und errichteten ein wehrhaftes Schloß direkt am Flußufer:

Aus der Burg heraus führt die Ponte Scaligero (1356) über die Etsch.

Die mit zahlreichen Zinnen ausgestattete Brücke ist nicht nur sehr wehrhaft, sondern bietet auch dem Reisehasen eine sehr gute Tarnung.

Bologna (2)

Die Stadt ist an diesem Samstagmittag durchaus belebt. Es gibt abet auch vel zu sehen, nicht nur an den Marktständen in den engen Altstadtgassen.

Auch auf der Piazza Maggiore ist einiges los.

An der Südseite des Doms gibt es in etwa 50m Höhe eine Aussichtsplattform. Momentan wird hier restauriert und die Fassade ist eingerüstet, aber man wird mit einem Baustellenaufzug nach oben gefahren. Von hier blickt man aufs Stadtzentrum:

Wie gesagt: Es ist heute neblig. Man sieht aber trotzdem, daß Bologna am Rand der Ebene und am Fuß der Berge des Appenin liegt.

Zwischendurch darf man sich dann auch mal im Café belohnen. Die Qualität des Capuccino werde ich nächste Woche wieder schmerzlich vermissen.

Und immer wieder Arkadengänge.

Auch die Innenhöfe mancher Stadtpaläste sind fast wie Kreuzgänge gestaltet, hier z.B. der des Archiginnasio, des ehemaligen Sitzes der Universität.

Al ristorante

Die aufkommende Erkältung hält mich natürlich nicht davon ab, noch einmal das fast volle Programm eines italienischen Menüs zu genießen (vom Stadionbesuch habe ich mich ja auch nicht abhalten lassen). Nur die Antipasti habe ich weggelassen.

Penne all’Arrabiata

Straccetti con rucola 

Mascarpone

Kurz zusammengefaßt: ???

Bologna – Stadio Renato dall’Ara

Et voilà, du foot encore. Mais c’est si beau, il faut montrer. Et je vais écrire directement qc sur la pasta…

Das muß jetzt einfach sein: Ich muß mal wieder ins Schwärmen geraten. So schön kann Fußballatmosphäre sein. ?

Ein Traum. Das müssen doch auch die Fußball-Hasser zugeben, oder?

Heute Abend spielt Bologna FC 1909 gegen den FC Crotone aus Kalabrien. Serie A, also erste Liga. 

Das Spiel ist längst nicht ausverkauft, aber die Stimmung ist trotzdem großartig, auch weil sich eine ganze Menge Anhänger auf den weiten Weg von Crotone hierher gemacht hat.

Ich bin ja was Stadien angeht, schon ein alter Hase und habe so einiges gesehen. Das hier jedoch ist ein echtes Erlebnis –  allein schon die monumentale Hauptfassade ist den Stadionbesuch wert.

Da können die Rhein-Neckar-Arena und der ganze andere austauschbare Rest mit seiner langweiligen Baumarktarchitektur überhaupt nicht mithalten.

Erbaut wurde dieses Juwel 1925-27 für ursprünglich 60.000 Zuschauer. 1934 und 1990 fanden hier WM-Spiele statt. Und der FC Bologna feierte hier seine sieben italienischen Meistertitel (einen Großteil davon allerdings schon vor dem Krieg).

Und innen? Jo, paßt. So muß das sein.

Und weil’s so schön ist, hier noch ein paar Details.

Bologna

Jetzt wir es aber auch langsam mal Zeit für einen Stadtrundgang durch Bologna. Leider ist es heute etwas neblig. Da kommen die Farben der Arkadengänge und der Häuser der Altstadt nicht so prächtig zur Geltung.

Wahrzeichen der Stadt sind die Torre Pendienti, zwei unterschiedlich hohe und unterschiedlich stark geneigte Türme. Es sind mittelalterliche Adelstürme, wie sie z.B. auch in San Gimigniano stehen.

Vor allem die Torre Garisenda ist furchteinflößend schief, aber angeblich seit langem stabil. Auf Bildern kommt das ja immer schwer rüber; hier ein Bild des Turmfußes mit waagerechter unterer Bildkante: das sollte einen ungefähren Eindruck vermitteln.

Also, egal wie lange das Ding schon steht – den Aufenthalt unterhalb würde ich vermeiden.

An der Piazza Maggiore steht der Dom St. Petronio mit seiner unvollendeten Fassade. 

Auch der Bau selbst ist nicht fertiggestellt, sollte noch viel größer werden und ist dennoch die fünftgrößte Kirche der Erde. Karl V. wurde hier 1530 zum Kaiser gekrönt. Fürs Innere braucht man eine kostenpflichtige Photoerlaubnis. 

Eigentlich. ?

Etwas südlich steht an der Piazza San Stefano ein Benediktinerkloster, bestehend aus mehreren Kirchen und Kapellen, die zu einem verschachtelten Baukomplex namens “Sette Chiese” (sieben Kirchen) zusammengewachsen sind. 

Die Piazza selbst mit ihren Arkadengängen ist aber auch sehenswert.

Und nachher geht’s weiter mit Teil 2. Jetzt gehe ich aber erstmal eine schöne Trattoria suchen. ??

Reggio Emilia

Vom hypermodernen Fernbahnhof mal abgesehen ist Reggio eine typisch norditalienische Stadt, zwischen Parma und Bologna gelegen, mit hübschen Plätzen, arkadengesäumten Straßen und zahlreichen Baudenkmälern.

Im Rathaus wird die allererste italienische Fahne aufbewahrt; die grün-weiß-rote Trikolore tauchte 1797 erstmals auf, und zwar als Flagge der Cisalpinischen Republik, die von einem gewissen Napoleon Bonaparte ins Leben gerufen worden war. Reggio bezeichnet sich daher auch als “città del tricolore”.

Das alte, innenstadtnahe Stadio Mirabello von AC Reggiana wurde 1910 errichtet und wird heute für Rugby und Frauenfußball genutzt, während AC Reggiana ins neue Stadio Giglio am nördlichen Stadtrand gezogen ist. Unter der Haupttribüne verläuft die Straße.

Stadtrundgang am frühen Abend:

Reggio Emilia AV Mediopadana

Dann will ich mal das Durchschnittsalter der gezeigten Sehenswürdigkeiten ein wenig senken.

Es ist nämlich seit der Renaissance durchaus noch etwas passiert hier in der Emilia Romagna. In Reggio Emilia (es gibt auch noch ein Reggio in Kalabrien) wurde vor vier Jahren ein neuer Bahnhof an der Hochgeschwindigkeits-Trasse eröffnet.

Der Entwurf für das etwa 4km nördlich von Reggio gelegene Gebäude stammt von Santiago Calatrava, dem der aufmerksame Leser dieses Hasenblogs schon in Lüttich begegnet ist.

Parma

Die Gourmets können streiten, ob nun der Parmaschinken oder der Käse (in D als Parmesan bekannt, auch wenn da vieles, was als solcher verkauft wird, eher Sägespäne sind) das kulinarische Aushängeschild der Stadt ist. Gleich zwei solcher Spezialitäten kann jedenfalls auch nicht jede Stadt aufweisen. 

Ansonsten ist das Stadtbild ganz nett, kommt aber von der Atmosphäre her – meinem unmaßgeblichen Eindruck zufolge – nicht an z.B. Ravenna oder Ferrara ran. Was jetzt aber nicht heißen soll, Parma sei unansehnlich.

Eine Stadt der Künste und der Künstler ist Parma auch. Am Parco Ducale steht z.B. das Geburtshaus von Arturo Toscanini. 

Ebenfalls hier geboren sind Giuseppe Verdi und der Renaissancemaler Antonio da Correggio, der die Vierungskuppel des (auch sonst üppig ausgestatteten) Doms mit Fresken ausgemalt hat. 

Neben dem Dom steht das Baptisterium mit Fassade aus rosa Marmor, das als bedeutendstes romanisches Baudenkmal Italiens gilt.

In direkter Nachbarschaft steht San Giovanni Evangelista, ebenfalls mit Correggio-Fresken, sowie die daran angebaute historische Apotheke.

Hier fließt eigentlich die Parma, ein Nebenfluß des Po. Die ist aber wohl noch im Sommerurlaub. 

Eine Kartause gab es in Parma übrigens nie; das titelgebende Kloster in Stendhals Roman war San Martino di Bocci, ein… Zisterzienserkloster (allerdings weit außerhalb der Stadt gelegen – da bin ich leider nicht hingekommen). Beim nächsten Mal dann. ?