Go Ahead Eagles heißt der örtliche Fußballclub, der ungefähr auf Arminia-Niveau angesiedelt ist, was soviel heißt wie: Als Fan darf man sich abwechselnd auf Erste Liga Abstiegskampf oder Zweite Liga einstellen. Daß Arminia gerade auf einem guten Weg in Richtung Dritte Liga ist und es diese Saison schon mit dem dritten Trainer probiert, ignoriere ich mal. Vermutlich wegen dieser Parallelen spricht mich Go Ahead an, der immer schon so etwas wie mein Lieblingsverein in der holländischen Liga war.

Die Adler sind also im holländischen Fußball bestenfalls eine mittelgroße Nummer. Am Stadion, De Adelaarshorst, steht aber trotzdem über dem Eingangstor ganz selbstbewußt “Home of Football”.

Nach längerer Zeit in der Eredivisie (erste Liga) und einigen Jahren in der zweiten Liga ist Go Ahead mitten in der Corona-Zeit 2021 wieder in die erste Liga zurückgekehrt und hält sich seitdem dort. Der Vergleich mit Arminia paßt übrigens nur bedingt, denn Go Ahead kann Dinge vorweisen, von denen man als Anhänger der Arminia (Westdeutscher Meister 1922 und 1923!) nur träumen kann: Viermal Landesmeister (was allerdings schon was her ist… zwischen 1917 und 1933) und mehrere Teilnahmen am Europapokal. Arminia kann höchstens den bloß medium renommierten Intertoto-Cup vorweisen, den es in den 80ern gab. Und natürlich ein Länderspiel gegen Luxemburg.

Das Stadion in Deventer heißt De Adelaarshorst, also Adlerhorst. Es ist ein Stadion englischen Typs, liegt in einem Wohngebiet im Norden der Stadt und ist vom Bahnhof zu Fuß in etwa 15 Minuten zu erreichen. Bei Schnee dauert es etwas länger. Der durchschnittliche Niederländer kommt aber sowieso unabhängig von den Witterungsbedingungen mit dem Rad und absolviert dieses Kunststück sehr souverän; ich hätte mich auf den glatten Straßen vermutlich mehrmals auf die Fresse gelegt. Der Schnee wird an diesem Freitag nämlich zunehmend zum Problem, und zwei Stunden vor Anpfiff verkündet der Verein, daß das Spielfeld geprüft werden muß. Zuerst wird der Anstoß um eine halbe Stunde verlegt, dann heißt es aber: Das Spiel findet definitiv statt. “Blij dat we kunnen spelen” schreibt Go Ahead bei Facebook und stellt die Mannschaftsaufstellung vor. Juhu! Also auf in Richtung Adlerhorst!

Dort passen aktuell 10.400 Zuschauer hinein, alle auf Sitzplätzen, wobei mein Sitzplatz in Reihe vier mit einer so dicken Schicht aus Schnee, Matsch und Regen belegt ist, daß ich gar nicht erst auf die absurde Idee komme, mich dort hinzusetzen und die folgenden zwei Stunden mit nassem Hintern im Gegenwind zu sitzen, sondern mir direkt einen Stehplatz an der Tribünenrückseite suche.

Und dann, zwei Minuten vor Anpfiff, wird das gut gefüllte Stadion mit folgender Einblendung beglückt:

De wedstrijd is helaas afgelast! Den Wedstrijd zwei Minuten vor Anpfiff noch aflassen, wenn man eine Stunde vorher noch sagt, daß das Spiel auf jeden Fall stattfinden wird, das ist zumindest mal mutig. Am Waldhof oder in Karlsruhe hätten sie daraufhin das Stadion in seine Einzelteile zerlegt. Der Adlerhorst war nämlich ziemlich gut gefüllt. Hier gibt’s ein großes Pfeifkonzert, die Gäste aus Waalwijk brennen die mitgebrachten Feuerwerkskörper ab, und dann fahren alle nach Hause. Mit dem Rad. Ich trete dann auch die Rückfahrt in Richtung Hotel an. C’est la vie. Bei Facebook kann man in den Kommentarspalten immerhin ein gepflegte Auswahl niederländischer Schimpfwörter lernen (Kneuzenbende! Prutsers! Schaam je kapot!).
Der Reisehase behält natürlich den Anstand, ist aber trotzdem der Meinung, daß man bei diesen Bodenverhältnissen und angesichts der Tatsache, daß der Schneefall rechtzeitig aufgehört hatte, durchaus hätte spielen können. Die Alm war schon mal ein deutlich üblerer Acker. Sogar ohne Schnee.
