Byzantinisches Ravenna

Fünf der Hauptsehenswürdigkeiten Ravennas lassen sich per Kombiticket besichtigen. Alle stammen aus der Zeit Theoderichs des Großen, also aus dem 5. Jahrhundert.

Wie man in der Spalte rechts sieht, war ich fleißig. 

Da ist zunächst die Basilika San Vitale, ein 520-545 errichteter Zentralbau mit riesiger Kuppel. Die Mosaiken im Inneren zeigen unter anderem Kaiser Justinian mit Gattin Theodora und Christus mit der Weltkugel.

Auf dem Fußboden lassen sich übrigens ganz bequem Vögel photographieren, z.B. die Ostgotische Mosaikente.

Direkt neben San Vitale steht dieser unscheinbare Backsteinbau. 

Es ist das Grabmal der Galla Placidia aus der Zeit um 420, mit den ältesten erhaltenen Mosaiken Ravennas. 

Man muß sich immer mal wieder vor Augen halten, daß diese Mosaiken jetzt fast 1.500 Jahre alt sind.

Sant’ Apollinare Nuovo, die Palastkirche Theoderichs, ist ein basilika-artiger Bau. 

Entlang der Seitenwände des Langhauses verlaufen zwei Mosaiken, eines mit einem Zug von Märtyrern vom Palast Theoderichs zu Jesus, und eines mit einem Zug weiß- und goldgewandeter heiliger Frauen vom Hafen Classe bei Ravenna zur Gottesmutter Maria.

Außerdem gibt es noch das Baptisterium der Arianer. Diese waren eine christliche Glaubensrichtung (Theoderich selbst war Arianer) mit zur reinen Lehre, wie wir sie heute kennen, teilweise abweichenden Vorstellungen. Grundfrage war, ob Christus mit Gott wesensgleich (Trinitätslehre) oder wesensähnlich (Arianer) sei. Also die Frage, ob es einen einzigen Gott gibt, nämlich Gott, oder einen dreifaltigen Gott (mit Jesus und Brian… äh… dem Heiligen Geist). Für Außenstehende oder Nichttheologen ist das womöglich nur schwer nachvollziehbar. Es ist aber aus theologischer Sicht ein Riesenunterschied. So wie fußballhistorisch der zwischen Rot-Weiss Essen und Schwarz-Weiß Essen zum Beispiel.

Und weil es ein Baptisterium ist, findet man im Inneren als Deckenmosaik natürlich die Taufe Jesu.

Und bei all den Mosaiken… Da muß doch… Da können doch nicht nur so doofe Vögel sein. Und tatsächlich: Ich bin dann im Baptisterio Neoniano fündig geworden.

Tutto bene, Ravenna. Mille grazie.

Ravenna: Theoderich der Große

Aujourd’hui c’est le lapin byzantin.

Theoderich der Große, König der Ostgoten und Statthalter der oströmischen Kaiser in Italien, eroberte Ravenna – mit etwas unlauteren Mitteln – im Kampf gegen den weströmischen König Odoaker (493), den er eigenhändig getötet haben soll. Die Völkerwanderungszeit war halt kein Ponyhof… 

Theoderich, der als “Dietrich von Bern” auch im Nibelungenlied auftaucht (Bern = Verona), machte die Stadt anschließend zur Hauptstadt seines weströmischen bzw. ostgotischen Reiches.

Nach der Eroberung Italiens und der Tötung Odoakers samt Familie und Gefolgschaft bei einem Festmahl sorgte er jedenfalls für eine verhältnismäßig lange Friedensperiode in seinem Reich. 526 starb er.

Am Stadtrand steht sein ab 520 errichtetes Mausoleum, ein auf zehneckigem Grundriß errichteter zweigeschossiger Bau.

Die 11m Durchmesser zählende Deckplatte ist aus einem einzigen Steinblock gefertigt!

Ravenna

Tja, da weiß ich nun gar nicht so genau, wo ich anfangen soll… mit einem Posting werde ich hier nicht auskommen.

Noch nicht genug von Geschichte und Kultur? Trotz Florenz, Ferrara, Mantua etc.? Sehr gut. Das war nämlich noch nicht alles; da geht noch viel mehr.

In Poitiers steht mit dem Baptisterium noch ein Bau aus frühchristlicher Zeit (6. Jh.), der zu den ältesten christlichen Bauten Frankreichs zählt. Die ältesten nachrömischen Bauten in Deutschland, die Torhalle in Lorsch und die Aachener Pfalzkapelle zum Beispiel, sind noch deutlich jünger (um 780 bis 800). Und hier in Ravenna steht die ganze Stadt voller Baudenkmäler aus dem 5. und 6. Jahrhundert.

Im Detail dazu später mehr. Hier erstmal ein paar Eindrücke. Ravenna hat nämlich eine sehr hübsche Altstadt mit einigen schönen Plätzen wie die Piazza del Popolo…

…und Straßen wie die Via Cavour und die Via San Vitale.

Die Basilika San Francesco stammt aus der Zeit um 1000 und ist somit für Ravenna noch recht jung.

Die (wiederum deutlich ältere) Krypta mit der Grabstätte des Heiligen Neon, Bischof von Ravenna im 5. Jh., hat sich in ein Wasserbassin verwandelt, in dem das Grundwasser über dem Mosaikfußboden steht; durch den sumpfigen Untergrund sind viele der alten Bauten um mehr als drei Meter abgesunken. 

Nachdem Dante aus Florenz verbannt worden war, fand er in Ravenna Zuflucht. Nach seinem Tod 1327 wurde er hier bestattet.

Man trifft ihn dann überall in der Stadt an, auch an Baustellenwänden:

Wo er sich übrigens in bester Gesellschaft befindet:

Es gibt sowieso auch viel moderne Kunst in der Stadt, die natürlich nicht im 5. Jh. steckengeblieben ist. Wenngleich mir das Bild rätselhaft bleibt – es gefällt mir.

Und das hier ist wohl die italienische Version des Bordeaux’schen “Parisien rentre chez toi”, gesehen am Stadio Comunale Bruno Benelli. Ospiti sind die Gäste, vaffanculo übersetze ich nicht. Es gehört aber zum Grundwortschatz.

Bologna notturna

Bevor ich mich gleich ausführlich dem Ziel der heutigen Tagesetappe widme, hier noch eine kleine Fingerübung. Ein Nocturne sozusagen.

Obwohl ich ja die ganze Zeit in Bologna stationiert bin, kam die Stadt bisher hier im Blog noch etwas zu kurz. Nach dem Abendessen habe ich heute noch eine Runde gedreht und mit der Handykamera ein bißchen geknipst. 

AC Mantua

Und nach den Pasta-Fans sollen nun auch die Fußball-Fans bedient werden (et oui, ils existent !! ? ).

AC Mantua gegen Union Arzignano Chiampo. Das ist Serie D und somit vierte Liga (die in neun regionalen Staffeln ausgetragen wird). Keine Hochglanz-Show mit doofem Videobeweis also, sondern echter Fußball. Es kommen aber trotzdem an die 1.000 Zuschauer, die auch mächtig Stimmung machen.

Das – wirklich schöne – Stadio Comunale Danilo Martelli hatte ursprünglich eine Radrennbahn, die aber nur noch teilweise existiert und nicht mehr nutzbar ist (Vergleichsobjekte in Deutschland: Wuppertal (Stadion am Zoo) und Düren (Jugendstadion)). 

In die Westkurve hat man auf die Reste der Bahn eine Stahlrohrtribüne gestellt, die so luftig und offen ist, daß ich erstmals beim Fußball an Höhenangst leide. Obwohl die Sicht von ganz oben durchaus prächtig ist, verziehe ich mich, nachdem die Photos im Kasten sind, lieber auf eine der niedrigeren Sitzreihen.

Für die mitlesenden Statistiker: Endstand 1:1.

Cena a Modena

Service spécial pour les adeptes de la pasta. ? 

Auf dem Rückweg von Mantua nach Bologna muß ich in Modena umsteigen, nutze die Gelegenheit für einen erneuten Stadtrundgang und ein Abendessen. Modena ist auch des nachts äußerst sehenswert.

Im gut gefüllten Ristorante da Danilo erwische ich noch einen Tisch. Das alteingesessene Restaurant (seit 1934) liegt mitten in der Altstadt. Daß auf der Speisekarte auch “Coniglio” auftauchte, habe ich mal ignoriert… Stattdessen:

Primo piatto: Tortelloni mit Spinat-Ricotta-Füllung.

Secondo Piatto: Capretto al forno. Ziegenkitzbraten.

Dolce della Casa: Bavarese al nocino. Mascarpone-Bavarois mit Walnußlikör.

Und zwar mit richtig viel Walnußlikör. Es war danach nicht mehr ganz selbstverständlich, daß ich den Weg zum Bahnhof noch gefunden habe.

Das war mal ein richtig gutes Essen in sehr schöner Atmosphäre. Nicht daß ich mich hier als Restaurantkritiker aufspielen möchte, aber mir hat’s da sehr gut gefallen, auch wenn der Reisehase und ich ihnen das “coniglio” auf der Karte übelnehmen. ?

Et…? Convaincue maintenant qu’il faut rechercher un vol à BLQ ?? ?

Mantua

Auf den Nebenstrecken ist das Zugmaterial doch noch deutlich anders. Aber auch dieser Regionalzug bringt mich pünktlich von Modena nach Mantua.

Das Herzogtum Mantua war über Jahrhunderte in Händen der einflußreichen Adelsfamilie Gonzaga, die die Stadt zu einem der mächtigsten  Stadtstaaten machten, aber auch die Künste förderten.

Die Stadt ist von Wasser umgeben; auf drei Seiten um die Altstadt liegen vier (zur Verteidigung der Stadt im Mittelalter künstlich angelegte) Seen.

Im Zentrum steht die riesige Residenz der Herzöge, eine aus zahlreichen Trakten unterschiedlicher Epochen bestehende Schloßanlage, angeblich das größte Bauwerk seiner Art in Italien. Zum Baukomplex gehört auch das mittelalterliche Castello di San Giorgio. 500 Räume hat der Palazzo Ducale angeblich (ich hab nicht gezählt), einer davon ist die “Camera degli Sposi” mit Fresken von Andrea Mantegna.

Zur Stadtmitte hin grenzt der Palast an die Piazza Sordello mit Dom, bischöflichem Palais und weiteren Stadtpalästen.

Modena

Nachdem die Herzöge d’Este wegen Auseinandersetzungen mit dem Kirchenstaat Ferrara verlassen mußten, machten sie Modena, das schon seit 1452 Herzogtum war, zur neuen Residenz. Hier errichteten sie einen neuen Palazzo Ducale.

Dieser steht am Rand der hübschen Altstadt mit ihren Arkadengängen…

…und fast ausschließlich in Rot- und Ockertönen gestrichenen Häusern.

Mitten durch das Zentrum verläuft die Via Emilia, an der auch der Dom San Geminiano mit dem freistehenden (und schiefen) Campanile steht.

In Modena geboren ist Luchiano Pavarotti, und auch beim zweiten berühmten Sohn der Stadt geht es um Töne (und die Fans werden sagen: um Musik): 1898 kam hier Enzo Ferrari zur Welt; ein modernes (und – der Marke angemessen – nicht gerade preiswertes) Museum ist vor ein paar Jahren eröffnet worden.

Neben Ferrari, dessen Hauptsitz in Maranello nur ein paar Kilometer entfernt ist, produzieren übrigens noch weitere Sport- und Rennwagenhersteller in der Umgebung: Lamborghini in Sant’Agata Bolognese und Maserati hier in Modena.

Florenz

Im Sommer 1992 war ich in der Toscana. Dieser Urlaub war schön, unvergeßlich und prägend; auch an Florenz kann ich mich daher noch gut erinnern. Umso erstaunlicher eigentlich, daß “Florenz 2 – die Rückkehr” nun erst 25 Jahre später kommt.

25 Jahre also. Siena, Florenz und San Gimignano. Unser Landhaus in Buonconvento. Und Camilla, das Mistvieh. Das bestimmt nicht mehr lebt; Katzen werden keine 25 Jahre alt. 25 Jahre. Meine Fresse.

Damals sind wir mit dem Citroën BX gefahren, heute nehme ich den Hochgeschwindigkeitszug. Mit 300 km/h brettert der Frecciarossa (müßte “roter Pfeil” heißen, wenn meine Spanischkenntnisse und mein Sprachgefühl mich nicht täuschen) gen Süden durch die nördliche Toscana. Von der Landschaft sieht man dabei allerdings nicht viel; die Strecke verläuft größtenteils im Tunnel. Dafür dauert die etwa 100km lange Fahrt von Bologna nur 35 Minuten.

Die Hauptstadt der Toscana ist geschichtsträchtige Metropole, Renaissancezentrum, Residenz der Medici – und heute ein so beliebtes Reiseziel, daß es Venedig Konkurrenz macht. Zumindest was die Besuchermassen angeht, ist Florenz nämlich auf Augenhöhe. Das Gedränge am Dom ist ähnlich wie am Markusplatz. Und das an einem Dienstag Ende Oktober. Wie das im Sommer aussieht, will man gar nicht wissen.

Eine herausragende Schönheit ist Florenz natürlich trotzdem. Hauptstadt einer landschaftlich einmaligen Region, eine Lilie im Stadtwappen, und die Fiorentina, der Fußballverein, mit Lila als Vereinsfarbe: Da stimmt einfach alles. ?

Im strengen Palazzo Pitti residierten die Medici, die als Tuchhändler zu Reichtum und Einfluß kamen, das neuzeitliche Finanzwesen erfanden und zu einer der mächtigsten Dynastien Europas aufstiegen. Giovanni de Medici wurde 1513 zum Papst Leo X. gewählt. Katharina de Medici war französische Königin (und war 1572 für die Bartholomäusnacht verantwortlich).

Florenz war unter den Medici aber nicht nur politisch führend, sondern auch kulturell enorm einflußreich: Von hier ging die Renaissance aus. Die Bildhauer Brunelleschi und Donatello waren Florentiner, Dante und Sandro Botticelli ebenfalls, Leonardo da Vinci und Michelangelo lebten hier, Niccolò Machiavelli schrieb hier “Il principe” und die “Discorsi”, Amerigo Vespucci wurde hier geboren, und später lebte und forschte auch Galilei in der Stadt als Hofmathematiker; sein Haus (im Bild links) steht noch.

Natürlich ist die Liste der Sehenswürdigkeiten der Stadt sehr lang. Die Ponte Vecchio von 1345 über den Arno gehört zu den ältesten Steinbogenbrücken überhaupt und hat noch ihre Brückenhäuser behalten.

Die Uffizien, ursprünglich ein Verwaltungsgebäude der Medici, gehören zu den weltweit bedeutedsten Kunstsammlungen.

Auf der Piazza della Signora wurde 1497 Savonarola verbrannt (und Dante verbannt – ein r mehr oder weniger kann den Unterschied ausmachen).
Hier stand am Palazzo Vecchio früher Michelangelos “David”; heute ist es eine Kopie.

Von der Aussichtsterrasse an der Piazza Michelangelo hat man einen schönen Blick über die Stadt und den Dom, der wie ein Schiff im Häusermeer liegt.

Erinnerungen kommen auch an Lucy Honeychurch, die hier ihr Zimmer mit Aussicht hatte und George Emerson kennenlernte, und an Eleanor Lavish, die hier ihren Kitschroman “Unter einer Loggia” schrieb. Toller Film! Und ja, in Helena Bonham Carter war ich mindestens ein bißchen verliebt.

Hier noch ein paar Impressionen aus einer wunderbaren Stadt.

Federico Fellini

Vorsicht! Ich werde jetzt ins Schwärmen geraten. ?

Jedes große Land des europäischen Kinos hat einen Regisseur hervorgebracht, den ich ganz besonders mag: Frankreich (Truffaut), Spanien (Buñuel), England (Kubrick), Deutschland (Werner Herzog) und Schweden (Ingmar Bergman). Und aus Italien ist es Federico Fellini, 1920 in Rimini geboren.

Ich habe fast alle seiner ca. 25 Filme gesehen (und von der aufgrund einer persönlichen Krise nie gedrehten “Reise des Giuseppe Mastorna” das Drehbuch gelesen).

Seine Filme drehte er größtenteils in Cinecittà in Rom, der Stadt, die auch meist Hauptdarstellerin (“Roma”, 1972) oder mindestens Kulisse seiner Filme war. Das gilt insbesondere für seinen wohl bekanntesten Film, “La dolce vita”, den ich ja schon als Titelbild dieser Reise gewählt hatte. 

Fellini konnte bildgewaltig erzählen wie kaum ein anderer, vom Gastmahl des Trimalchio (in Satyricon), von Casanova, vom Zirkus, vom römischen Verkehrschaos, von Clowns und Kleinganoven; die Nebenrollen oft mit grandios ausgewählten Originalen besetzt, schrägen Gestalten, die sich meist nur selbst spielen mußten. Und immer wieder erzählte er von sich selbst, dargestellt meist, wie im Meisterwerk “8 1/2”, von seinem Alter Ego Marcello Mastroianni. 

Der römische Statthalter Agrippus Virus läßt in “Asterix bei den Schweizern” seine Orgien von niemand Geringerem als dem großen Fellinius inszenieren.

1973 kehrte Fellini thematisch mit “Amarcord” (“ich erinnere mich” im lokalen Dialekt Riminis) in seine Heimatstadt zurück; im Film, für den er seinen vierten Regie-Oscar erhielt, erzählt er seine Kindheitserinnerungen – oder das, was seine oft überbordende Phantasie daraus gemacht hat. Teile der Handlung spielen im Grand Hotel.

In einer anderen Szene des Films holt die Familie einen verrückt gewordenen Onkel für einen Ausflug ins Grüne aus der Anstalt ab. Der Onkel büxt aus, klettert in einen Baum und brüllt stundenlang “Ich will eine Frau”. Großes Theater. Die Szene ist genauso unvergeßlich wie Anita Ekberg als Sylvia im Trevi-Brunnen in “La Dolce Vita”. Figuren wie der große Zampano (aus “La Strada”) und der Sensationsphotograph Paparazzo sind in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen.

Rimini hatte die schöne Idee, die Querstraßen entlang der Strandpromenade nach seinen Filmen zu benennen. So kann man einfach entlang seiner Werkgeschichte flanieren, von den schwarz-weißen Frühwerken der ersten Nachkriegsjahre bis zum mir immer rätselhaft gebliebenen “Die Stimme des Mondes” von 1990 mit Roberto Benigni, drei Jahre vor Fellinis Tod gedreht.

Da wird’s nach dem Rückflug wohl ein paar Filmabende geben.