Fouras

Die Charente-Mündung und damit das Marinearsenal Rochefort liegen zwischen zwei weit ins Meer hinausragenden Landspitzen: Der Insel Oléron im Süden und der Halbinsel Fouras mit der vorgelagerten Insel Aix im Norden. Zur Sicherung von Rochefort entstanden um diese gesamte Bucht herum mehrere große Festungen. Eine davon steht in Fouras direkt an der Küste.

Von der von Vauban zur Festung ausgebauten mittelalterlichen Burg blickt man nach Süden zur Île Madame und zur Passe aux Bœufs (der Straße durchs Meer – wir erinnern uns).

Nach Nordwesten sieht man (rechts im Hintergrund) die Île d’Aix mit dem Fort de la Rade:

Und wer hier genau hinschaut, sieht am Horizont etwa in der Bildmitte einen Punkt im Wasser. Das ist Fort Boyard. Hier wurde ab 1989 eine erfolgreiche Spieleshow des französischen Fernsehens produziert (so eine Art “Spiel ohne Grenzen”). Lief auch mal in Deutschland in der Privatsender-Frühzeit, damals bei RTL plus oder Sat1.

Lustig ist die Geschichte zum Fort: Da die Reichweite der Kanonen auf Oléron und Aix nicht ausreichte, um die gesamte Zufahrt nach Rochefort zu schützen, hatte man den Einfall, auf halbem Weg, auf der Sandbank Boyard, ein weiteres Fort zu errichten. Vauban allerdings, der sonst gnadenlos überall Festungen hinstellte, wo Ludwig XIV. eine haben wollte, hielt das auf der Sandbank für unmöglich. Der Plan ruhte dann für knapp 150 Jahre, bis Napoleon schließlich den Bau beginnen ließ. Als Fort Boyard dann nach 50 Baujahren voller Komplikationen endlich fertig war…. brauchte man es nicht mehr, weil die Reichweite der Geschütze inzwischen die komplette Durchfahrt abdecken konnte. 

Vielleicht sollten sie BER einfach gleich dazu nutzen, eine Spieleshow zu produzieren.

Pont Transbordeur du Martrou

Tja. Das Wiedersehen mit der Schwebefähre Rochefort sowie eine Fahrt damit über die Charente war als einer der Höhepunkte der Reise gedacht. Aber das Bauwerk befindet sich aktuell in einer dreijährigen Renovierung und ist daher nicht nur nicht in Betrieb, sondern sogar teilweise demontiert. Momentan fehlt z.B. der Querträger in 50m Höhe, in den die Fährgondel eingehängt ist). Da bleibt dann nur der Blick von unten und vom Ufer.

Die Schwebefähre (auf französisch weit treffender als Pont Transbordeur bezeichnet) ist ein geniales, aber eigentlich einfaches Konzept, das der Ingenieur Ferdinand Arnodin (1845-1924) erfand. 

Ehe ich jetzt wortreich erkläre, wie das funktioniert, hier eine Zeichnung aus der kleinen Ausstellung vor Ort: So sieht das aus:

Um die Jahrhundertwende 1900 entstanden mehrere dieser Bauwerke, von denen sich aber weltweit nur wenige erhalten haben. In Frankreich ist Rochefort (“Le Martrou” ist die Ortsbezeichnung am Südufer der Charente) die einzige noch existierende von ehemals sechs Schwebefähren. Weltweit gibt es noch acht solcher Anlagen, davon zwei in Norddeutschland (Rendsburg, Osten-Hemmoor).

Bis 1967 war die Schwebefähre in Betrieb, ehe die Kapazität von zwölf Autos pro Überfahrt endgültig nicht mehr ausreichte und die Staus überhand nahmen. Nebenan wurde eine neue Brücke eröffnet; die Schwebefähre entging nur knapp dem Abriß und transportiert seit 1994 und hoffentlich ab demnächst dann wieder Fußgänger und Radfahrer.

Damit hätte ich dann auch endgültig einen Grund für eine Rückkehr an diesen Teil der Atlantikküste gefunden… wenn es dafür nicht ohnehin schon ausreichend Gründe gäbe. Ab 2019, wenn die Restaurierung abgeschlossen ist.

Aber selbst als Torso ist die Schwebefähre noch beeindruckend, mit ihren 66m hohen Pylonen. Blick vom südlichen Charente-Ufer:

Und vom Nordufer, auf der Seite von Rochefort:

An beiden Ufern der Charente sind Info-Pavillons aufgestellt und kleine Parkanlagen mit Skulpturenwegen angelegt. 

Le pont transbordeur: Même dans l’état de chantier un véritable coup de cœur du lapin voyageur.

Hermione

Gregory Peck ist einer der Helden meiner Kindheit, quasi direkt nach dem Hasen Cäsar (natürlich). Peck spielte im Film “Des Königs Admiral” den Kapitän Horatio Hornblower. Mein Karriereziel war damals Kapitän eines Segelschiffs. Ich war sieben und wußte weder etwas von Höhenangst noch davon, daß eine Marinekarriere nicht mit dem Rang eines Kapitäns beginnt.

Es kam dann ja auch etwas anders. Aber die Faszination für Segelschiffe, die besteht noch immer.

Rochefort ist daher Pflichtprogramm, denn in den 90er Jahren beschloß man, die Schiffbautradition der Stadt wiederaufzugreifen. Man begann 1997 mit der Rekonstruktion der Königlichen Fregatte “Hermione”. An dem großen Segelschiff wurde bis 2014 gebaut.

Ursprünglich war die Hermione 1779 in Dienst gestellt worden. Mit ihr fuhr der Marquis de La Fayette nach Nordamerika, um die dortigen Kolonien beim Unabhängigkeitskampf gegen die Engländer zu unterstützen. Später, 1793 während des Vendée-Aufstandes, lief das Schiff dann ganz prosaisch bei Croisic in der Bretagne auf ein Riff und sank.

Und da steht sie nun im Nieselregen von Rochefort, die neue Hermione. 

Sie kann besichtigt werden; eine kleine Ausstellung informiert über den Neubau. Der ist aber kein reines Museumsschiff, sondern voll funktionsfähig: Die Premierenfahrt führte auf den Spuren La Fayettes über den Atlantik nach Nordamerika (New York, Boston, St-Pierre-Miquelon), und für 2018 ist wieder eine große Tour geplant. Derzeit liegt sie aber glücklicherweise in Rochefort und strahlt hier frisch gestrichen v.a. in Rot und Gelb.

In einem Dock daneben darf man als Teil der Besichtigung in die Bespannung der Masten krabbeln.

Wenn man mag. Der Reisehase (lapin marinier) mag nicht, bleibt lieber an Deck und betätigt das Steuer.

Rochefort: Corderie Royale

Als zweites Standbein neben dem Schiffbau etablierte sich in Rochfort die Seilerei: Die war für die Segelschiffe ja unabdingbar, wie man sieht:

Die längsten von der königlichen Marine benötigten Seile hatten eine normierte Kabellänge von etwa 185 Metern (sog. Encablure), und um diese Länge eines fertigen Seiles zu erreichen, waren Schnüre von 300m Länge als Ausgangsmaterial nötig. Die 1666-69 erbauten Gebäude der Königlichen Seilerei (Corderie Royale) waren daran angepaßt: Sie sind sehr lang, nämlich etwas mehr als genau diese 300 Meter.

Die Corderie produzierte bis 1862, wurde dann anders genutzt und 1944 von der deutschen Luftwaffe zur Ruine gebombt. Der Wiederaufbau fand von 1971-85 statt, nachdem der Abriß des einzigartigen Denkmals zuvor nur knapp verhindert werden konnte. Heute ist die Corderie eines der Wahrzeichen von Rochefort und dient immer wieder als Kulisse, so wie hier und heute für eine Oldtimer-Tour.

Hach. La DS. ?

Innen gibt es eine schön gemachte und informative Ausstellung zum Thema Seilerei, mit Vorführungen zur Seilherstellung und 3D-Animationen.

Rochefort

Nieselregen. Ach, stimmt, das hatte ich nach neun Tagen Sonne ja glatt vergessen, daß es sowas auch noch gibt. Nun denn: Es wird also ein Museumstag.

Rochefort ist ähnlich wie Brouage eine planmäßig gegründete, auf Schachbrettmuster angelegte Festungsstadt. 

Die Kirche ist, wie es sich für eine unter Sonnenkönig Ludwig XIV. gegründeten Stadt gehört, dem Heiligen Ludwig geweiht. In Saarlouis ist das nicht anders. Rochefort liegt in einer Flußschleife der Charente kurz vor deren Mündung in den Atlantik. Die Stadt entstand 1666 auf Veranlassung von Kardinal Richelieu und Marineminister Colbert als Festung und Marinearsenal. Sie erhielt wichtige Aufgaben für die bis dahin rückständige Königliche Marine: Schiffswerften und die Corderie Royale (dazu später mehr). In Rochefort entstanden zahlreiche Kriegsschiffe, später dann auch erste U-Boot-Versuche. Diese wiederum inspirierten Jules Verne zu seiner “Nautilus”.

Die alten Trockendocks (frz.: formes de radoub) sind erhalten.

Weniger schöne Geschichten gab es auch: 1816 startete von Rochefort aus die “Medusa” in Richtung Senegal; sie erlitt Schiffbruch, und die 15 Seeleute, die das Unglück überlebten, auf einem Floß und bis auf zwei Fässer Wein fast ohne jegliche Nahrung außer… naja… siehe unten…, hatten sehr unschöne Dinge mitgemacht: Gewalt, Mord, und vor allem: Kannibalismus… Bekannt ist diese schauerliche, aber wahre Geschichte heute vor allem durch Théodore Géricaults Gemälde “Das Floß der Medusa”. Eine Nachbildung des Floßes steht im Marinemuseum.

Nahe dem Zentrum ist ein nettes Heckenlabyrinth angelegt. 

Und wie es sich für eine Stadt von Seefahrern gehört, ist das Ziel natürlich die Schatztruhe.

Zur Belohnung gibt’s Crêpe mit Sahne, was sich allerdings eher als Sahnegebirge mit etwas Crêpe-Basis herausstellt.

Passe aux Bœufs

Ça s’appelle passe aux bœufs, mais c’est aussi accessible au lapin qui devient alors maintenant le lapin sous-marin (ben, c’est marée basse, alors c’est plutôt le lapin submersible).

Mais on decide de rester au dessus de l’eau quand même et on préfère seulement la route étant submersible finalement.

Von Port-des-Barques führt zu der kleinen vorgelagerten Insel Île Madame eine Fahrstraße, die nur bei Niedrigwasser befahren werden kann. Bei Flut liegt die Fahrbahn, eigentlich nur ein Schotterdamm, unter Wasser.

Das Navi sieht dann nur noch blau:

Und in echt sieht das so aus:

Das ist schon sehr spannend; auch wenn ich die Passage du Gois auf die Halbinsel Noirmoutier noch etwas beeindruckender fand, weil der Fahrdamm dort viel schmaler ist.

Die Gezeitenzeiten (wie sagt man dazu?), also Hoch- und Tiefststände des Wassers, sind an der Einfahrt zur Passage übrigens ausgehängt; man fährt also nicht blindlings in den wörtlichen Untergang. Allerdings sollte man bei einsetzender Flut möglichst wieder am Festland sein, sonst droht bestenfalls eine Nacht auf der weitgehend unbewohnten kleinen Insel, die zu Fuß in gut 15 Minuten durchquert ist.

An der Gois waren zur Abschreckung Bilder von schwimmenden Autos ausgehängt (“Ça? Non!”)…

Tonnay-Charente

Die Brücke in Tonnay-Charente hatte mich schon 2004 fasziniert. Die ursprünglich 1842 errichtete Hängebrücke war bereits seit 1964 nur noch für den nichtmotorisierten Verkehr freigegeben. Anschließend wurde sie etwas vernachlässigt, so daß sie 2004 in keinem guten Zustand mehr war: Die ohnehin eher filigranen Geländer waren verrostet, die Holzbohlen der Fahrbahn waren teilweise morsch oder fehlten gleich ganz, und durch die Lücken und Löcher im Boden konnte man die Charente sehen – 30 Meter tiefer (bei Ebbe etwas mehr). Das brachte eine gewisse Spannung in die Besichtigung und hinterließ bleibenden Eindruck. Am Rand sieht man den alten Zustand noch.

In der Zwischenzeit ist zumindest die Fahrbahn erneuert worden, und ein zweites, stabileres Geländer gibt es auch. 

Die Brücke, ein Werk des Ingenieurs und Architekten Louis Dor und eine der ältesten Hängebrücken Europas, ist also nicht mehr ganz so spannend, aber dennoch ein Hingucker. Und sie bietet aus großer Höhe eine tolle Aussicht.

Die Rampe auf der Südseite ist auf einer langen Reihe von Arkadenbögen errichtet. Dieser monumentale Unterbau vermittelt den Eindruck, sich im Seitenschiff einer großen Kathedrale zu befinden.

Eine Funktion hat die Brüce schon lange nicht mehr: Die Charente überquert man inzwischen auf moderneren (aber schlichteren) Bauwerken flußauf- und -abwärts, und die Zahl der Fußgänger und Radfahrer, die von Tonnay-Charente ins gegenüberliegende Saint-Hippolyte wollen oder umgekehrt, hält sich in sehr engen Grenzen. 

Es bleibt also einfach nur ein sehr schöner Brückenbau – und offenbar ein Ort, um seine (bzw. wohl eher ihre) Meinung kundzutun. Fast hätte es ohne Rechtschreibfehler geklappt – und dann am letzten Hindernis doch noch ein Abwurf… oooh…:

Et oui, le lapin voyageur est un peu offusqué… ?

Nach einigem Suchen findet auch der Reisehase einen sicheren Platz.

PS: Gesamtansicht der Brücke folgt.

Brouage

In den Sümpfen und Salzwiesen zwischen Rochefort und Marennes entstand im 16. Jh. die Hafenstadt Brouage, die im 17. Jh. unter Richelieu zur Festung ausgebaut wurde (gegen das hugenottisch geprägte La Rochelle).

Als der Hafen später verlandete, verlor Brouage seine Bedeutung. Heute ist es ein kleiner Ort, der mit seinen im Schachbrettraster angelegten Straßen und den niedrigen Häusern zwischen den Festungswällen wie in die Sümpfe versenkt wirkt. Das war zu Richelieus Zeiten natürlich auch die gewünschte Tarnung: Man sieht die Stadt erst, wenn man schon kurz davorsteht.

Die Festungsstadt ist vollständig erhalten; die Bastionen und Wälle können begangen werden. 

Ebenfalls erhalten: Kasernen, Arsenale und Pulvermagazine.

Es täte dem Flair des Ortes allerdings gut, würde man den Autoverkehr aus dem inneren Teil der Festung aussperren.

In Brouage wurde um 1570 Samuel de Champlain geboren, der Forschungsreisende und Gründer von Québec (1604).

PS: Ja, am Nachmittag des neunten Reisetages ist der Himmel erstmals nicht strahlend blau. Ich will mich trotzdem mal nicht übers Wetter beschweren.  ?

Charente

Heute (Samstag): Entlang der Charente.

Sie ist ein knapp 400 Kilometer langer, im Unterlauf sehr breiter und wasserreicher Fluß, der bei Rochefort in den Atlantik mündet.

Bis weit ins Landesinnere hinein machen sich die Gezeiten bemerkbar, so z.B. auch in Saint-Savinien, das etwa 30 Kilometer vom Meer entfernt liegt.

Die Schwemmlandebene der Küse geht hier in eine felsigere Landschaft über; in der Umgebung befinden sich viele Steinbrüche.

Beurlay zeigt Genialität bei der Auswahl seines Partnerortes.

Von der Abtei Trizay haben sich nur Ruinen erhalten. 

Daher sind die Gebäude auch nicht so gut drauf.

Chamois Niort

Und gestern Abends gab es noch einen kleinen Abstecher nach Niort (das eigentlich erst für Mitte nächster Woche auf dem Programm steht).

Niort liegt am Rand einer riesigen Sumpflandschaft; die ganze Umgebung ist flach, flach, flach. Und was für ein Wappentier nimmt man sich dann, wenn man einen Fußballverein gründet?

Joah, ne Gemse halt. Und wenn, dann richtig: Der Verein heißt auch nach dem Wappentier (Chamois). Als Fan eines Vereins, der im Westfälischen beheimatet ist, sein Stadion aber  “Alm” nennt, fühle ich mich da doch gleich gut aufgehoben.

Nettes Stadion. Die Rahmendaten in Kürze (wir sind hier ja schließlich nicht in meinem Stadionphoto-Blog):

Stade René Gaillard, 11.000 Plätze. Chamois Niortais FC – US Quévilly-Rouen 2:1.

PS: Der Grund für die Gemse: Niort war ein Zentrum der Lederherstellung, speziell aus Gamsleder. Daher.