Die “Dunbrody”

Wie im vorangegangenen Beitrag zu New Ross erwähnt, gingen auch von hier zahlreiche Iren in die Emigration, vor allem in die USA, und das nicht nur, wenn sie Kennedy hießen und auch nicht nur während der furchtbaren Jahre der Großen Hungersnot.

“Wherever we go we celebrate the land that makes us refugees” singen die Pogues um den Ende letztes Jahr viel zu früh verstorbenen Sänger Shane MacGowan im grandiosen Song “Thousands are sailing”. Es geht darin um Emigration, um den “Brain Drain” Irlands und das Leben in der Neuen Welt. Und wie immer finden die Pogues die richtigen Worte. Eine Zeile lautet: “On a coffin ship I came here” Ein solches Coffin Ship war die “Dunbrody”, eine nach dem nahegelegenen Zisterzienserkloster benannte Dreimastbark, die heute in New Ross als Museumsschiff vor Anker liegt.

Eigentlich war der Südosten Irlands von der Großen Hungersnot nicht ganz so stark betroffen wie der Westen der Insel. Aber es war auch hier schlimm genug, so daß auch von hier viele in die Neue Welt auswanderten.

In New Ross wurden Frachtschiffe, die eigentlich für den Amerikahandel gedacht waren, zu “Coffin Ships” umgewidmet, mit denen die Auswanderer über den Ozean gebracht wurden. Das Motiv der Auswanderer war weniger Hoffnung als meist pure Verzweiflung: Coffin ist ein Sarg. Etwas besseres als den Tod findest Du überall, wußten schon die Bremer Stadtmusikanten.

Das Schiff, das heute in New Ross liegt, ist allerdings ein Nachbau; die originale Dunbrody sank gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor Neufundland.

Aber man erhält trotzdem eine gute Vorstellung von den Verhältnissen an Bord der Auswandererschiffe, von denen die “Dunbrody” noch eines der angenehmeren war. Weil hier deutlich weniger Menschen starben als auf manch anderem Schiff, auf dem etwa ein Fünftel der Passagiere die siebenwöchige Überfahrt nicht überlebte.

Die Dunbrody kann mit Führung besichtigt werden, die in einem modernen Info-Zentrum direkt am Flußufer startet. Mit 14 Euro ist eine Führung nicht gerade günstig, aber sie wird mit viel Aufwand und ebenso viel Herzblut durchgeführt und ist sehr informativ, so daß sich der Eintritt definitiv lohnt.

Weil der Touristenandrang in New Ross an einem Sonntagnachmittag im April sehr überschaubar ist, erwischt der Reisehase eine Privatführung. Thanks so much, Jason, for the guided tour you offered! I really enjoyed my visit! 😊

Und so sah das im Inneren des Schiffes aus. Die Küche (Kombüse! Wir sind hier ja schließlich auf dem Meer!) der Dunbrody war nur für die erste Klasse und die Besatzung gedacht. Die Auswanderer der zweiten Klasse hatten zum Kochen bzw. Brotbacken nur ein offenes Feuer an Deck zur Verfügung, wobei sie nur 30 Minuten pro Tag an Deck durften.

Den Rest der Zeit mußten sie im umgebauten Frachtraum verbringen, wo auf engstem Raum etwa 250 bis 300 Menschen untergebracht waren.

Jede dieser Nischen war für vier Erwachsene oder eine größere Familie gedacht. Vier Erwachsene, sieben Wochen, zwei Quadratmeter. Man kann sich die Zustände vermutlich gar nicht richtig vorstellen. Der Vorhang im Hintergrund verbirgt übrigens den Eimer, der als Toilette diente.

Beeindruckt: Der Reisehase.

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