Berlin: Am Messegelände

Schon 1914 entstanden am nördlichen Ende der Avus erste Messehallen, stilecht geplant für eine Automobil-Ausstellung, die dann aber – aus Gründen – erst 1921 veranstaltet werden konnte, zeitgleich mit dem ersten Rennen auf der Avus. Hier finden heute keine Autorennen mehr statt (jedenfalls keine legalen…), und die ehemalige Zuschauertribüne an der Nordkurve steht zwar noch, fristet aber ein eher kümmerliches Dasein. Bei der Eröffnung 1921 war die Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße (wie die AVUS mit vollem Namen heißt – Hätten Sie’s gewußt?) übrigens die erste ausschließlich für den Autoverkehr gedachte Straße der Erde. Seit 1921 ist das Messegelände deutlich gewachsen. Großveranstaltungen wie die Grüne Woche oder die Internationale Funkausstellung finden hier statt. Am Rand des Geländes steht das Mommsenstadion, in dem Tennis Borussia Berlin zuhause ist. Beim mit Abstand interessantesten Fußballclub der Hauptstadt wirkte im Laufe der Zeit viel Prominenz: Als Spieler wäre da ein gewisser Horst Nußbaum zu nennen, der später unter dem Namen Jack White als Musikproduzent Karriere machte. Acht Jahre lang war Hans “Dalli Dalli” Rosenthal hier Vereinspräsident; bei Toren von TeBe hüpft er noch heute auf der betagten Anzeigetafel. Und dann wäre da noch er hier: Aber zurück aufs Messegelände. Dazu gehört auch das riesige ICC, das International Congress Centrum. Das Gebäude wurde für verschiedenste Veranstaltungen genutzt, dann aber 2014 geschlossen und dient nun seit 2015 als Flüchtlingsunterkunft. Aktuell wartet es auf eine neue Nutzung und die zunächst erforderlichen umfangreichen Sanierungsarbeiten. Für beides fehlt es in der klammen Hauptstadt aber sowohl an Geld als auch an guten Ideen – große leerstehende Gebäudekomplexe gibt es in BER-lin ja noch an anderer Stelle… Der 1975-79 errichtete Bau wartet mit ein paar Superlativen auf: Größtes Kongreßzentrum in Europa, bedeutendes Bauwerk der 70er Jahre – und nicht zuletzt: Teuerstes Bauwerk in West-Berlin (damals 924 Millionen D-Mark).
Die 70er-Jahre-Architektur des ICC trifft nicht unbedingt das aktuelle Schönheitsideal; ich könnte mir aber vorstellen, daß man in ein paar Jahrzehnten zu schätzen weiß, was man da hat. Wenn es denn so lange stehenbleibt. Eleganter, weil deutlich leichter wirkend, ist der nebenan stehende, 1926 errichtete Berliner Funkturm, als Stahlfachwerkturm ein deutliches Zitat des Eiffelturms, wenn auch nur mit einem Standbein statt deren vier wie beim Vorbild, und auch deutlich weniger verziert (was den Bau kostengünstiger machte).
Man kann per Fahrstuhl zu einer zweistöckigen Aussichtsplattform hinauffahren und hat da oben naturgemäß einen richtig schönen Blick über den Berliner Westen mit dem Messegelände, der Avus und dem Grunewald
Funkturmhase:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*