Wiesbaden

Auf dem Rückweg aus dem Emsland mache ich noch einen Zwischenhalt in Wiesbaden, für ein Konzert am Montagabend. Aber die Chance, mir die Kurstadt und hessische Landeshauptstadt nochmal anzuschauen, lasse ich mir da natürlich nicht nehmen, auch wenn es thematisch ja nicht wirklich ins Emsland paßt.

Hier ohne viel Gerede ein paar Impressionen:

Luisenplatz mit Bonifatiuskirche:

Neues Rathaus und Marktkirche (unverkennbar ein Zitat von Schinkels Friedrichswerderscher Kirche in Berlin):

Hessischer Landtag (Stadtschloß der nassauischen Herzöge):

Wilhelmstraße:

Villa in der Frankfurter Straße:

Jetzt aber in den Schlachthof zum Konzert. Denn das ist der Grund für den Zwischenstop: Die Unendlichkeit.

Tocotronic haben vor fast 25 Jahren ihr erstes Album herausgebracht (“Digital ist besser”) und waren neben Blumfeld die erfolgreichsten Vertreter der sogenannten Hamburger Schule, die für intelligente Rockmusik steht. Und  Tocotronic haben das damals mit dem genialen “Ich bin neu in der Hamburger Schule” auch gleich besungen. 2018 ist die Band um Sänger und Texter Dirk von Lowtzow noch immer herausragend, auch live: Ein super Konzert (auch wenn sie mit “Schall und Wahn”, “Auf dem Pfad der Dämmerung”, “Sie wollen uns erzählen” und “Das Unglück muß zurückgeschlagen werden” gleich vier meiner Lieblingslieder nicht spielen).

Und wer war schon hier? Der Hase. ?

Wie lautet einer ihrer frühen Titel?  “Es ist einfach Rockmusik”.  Aber geniale.

“Alles was ich immer wollte, war alles”. ? Danke, Tocotronic!

Gelnhausen

Gelnhausen nennt sich Barbarossastadt und besitzt eine (etwas versteckt liegende und recht zugebaute) Burgruine, die den durch Barbarossa gegründeten Ort im 12. Jahrhundert zu einem wichtigen Zentrum des Reiches machte.

Ansehnlicher ist das Stadtzentrum um Obermarkt und Untermarkt:

Die mächtige, hier zu sehende Marienkirche (die ehemalige Kirche des Prämonstratenser-Klosters) besitzt noch einen Lettner mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts (wie immer ist die Höllenseite spannender):

Gelnhausen ist außerdem Geburtsstadt von Simplicissimus-Autor J.J.C. von Grimmelshausen und des Telephon-Erfinders Philipp Reis:

Wetterau

Keine allzu lange Anfahrt, eine hübsche Landschaft, drei noch unbesuchte Zisterzienserklöster, Fachwerkstädtchen (Büdingen) und ein paar Orte mit Namen aus der Kuriositäten-Bundesliga (Linsengericht, Hüttengesäß, Lieblos): Das klingt doch nach einer guten Idee für eine Tagestour.

Isses aber nich. Zumindest nicht an dem Sonntag, an dem in Frankfurt der Ironman stattfindet. Da führt nämlich die Radstrecke durch die Wetterau. 

In den hessischen Fachwerkstädtchen gibt’s traditionell sowieso mehr Blitzkästen als Fachwerk. Unangenehm, selbst wenn man eigentlich angepaßt fährt. So isses doch eigentlich netter:

In Büdingen findet zudem ein Mittelalterfest statt, aufgrunddessen die gesamte Altstadt gesperrt ist. Da ich weder mein Säckchen Dukaten dabei habe, noch auf Honigwein stehe, noch mit tendenziell übergewichtigen Mitgliedern des Schwertbrüderordens reden möchte, fahre ich gleich weiter. Was anderes bleibt mir auch gar nicht übrig, da ein traditionell mittelalterliches Verkehrs- und Parkplatzchaos Teil des Spectaculums ist, und die wenigsten Gevatter reisen auf Schusters Rappen an. (Es gäbe theoretisch einen Shuttle-Service).

Immerhin: Die Ronneburg ist erreichbar.

Und Bad Vilbel ist nett. Mit einem modernen, über dem Fluß (Nidda) gestellten Bibliotheksneubau…

…und der Ruine einer uralten Wasserburg:

Hier in Bad Vilbel findet der Reisehase auch einen standesgemäßen Rastplatz.

Außerdem gibt’s Begegnungen…,

…Männer, die Straßen überqueren (in Dortelweil – auch so ein Name aus dem Erika-Fuchs-Universum)…

…und nochmal moderne Architektur (von Wolfgang Feierabend entworfenes Kunststoff-Haus “FG 2000” in Altenstadt).

Usingen

… ist ein kleines Residenzstädtchen mit gewisser Bedeutung für die saarländische Geschichte : Von hier stammen die Fürsten von Nassau-Saarbrücken, Landesherren im 17. und 18. Jahrhundert . 

Vom Usinger Stadtteil Eschbach kann mn, immer dem Hasen folgend, zu den Eschbacher Klippen wandern.

Ursula

Die Hessen haben offensichtlich ein gewisses Faible für schräge Ortsnamen, und Oberursel paßt da gut hinein. Benannt nach der Heiligen Ursula, der auch die Pfarrkirche geweiht ist, gäbe es namenstechnisch aber noch Steigerungen, z.B. Oberuschi.

Hübsch ist jedenfalls die kleine Altstadt mit viel Fachwerk und der einen oder anderen Lebensweisheit.

Außerdem kümmert man sich hier um lädierte Hasen. Vorbildlich.

Gießen

Gießen. Schöne historische Altstadt mit viel Fachwerk. Die aber bedauerlicherweise 1944 zerstört wurde. Nach dem Wiederaufbau spielt die Stadt nun in einer Liga mit etwa Pforzheim, Ahlen oder Heilbronn. Selbst einigermaßen gelungene 50er-Jahre-Bauten (siehe Bild oben) finden sich kaum. Kann die Stadt ja nix für, is aber so.

Dafür war offenbar gerade Semesterbeginn, und die Neuen mußten überall in der Stadt unter Gejohle Aufgaben erfüllen und/oder Kleidung ablegen. Super für Fans von Junggesellenabschieden. 

Irgendwie ist das ganze Mittelhessen eigentlich nur dazu da, den Weg nach Norden unnötig zu  verlängern… ?
Hoffe, hier liest kein Gießener mit… ??