Derry: Free Derry (Bogside)

Die Bogside von Derry erstreckt sich unterhalb der Derry Walls auf der West- und Nordwestseite der Altstadt. Hier, in einer Geländesenke zwischen zwei Hügelrücken, entstand eine von Iren bewohnte Vorstadt, die noch heute fest in irischer Hand ist. Und damit auch wirklich jeder weiß, wo man hier ist, verkündet es eine Hauswand: Free Derry.

Diese Inschrift tauchte 1969 erstmals als schlichtes Graffiti auf dieser Mauer auf (damals war sie das Ende einer Häuserzeile in der Lecky Road, die später bis auf die symbolträchtige Mauer abgerissen wurde), und sie wurde schnell zum Symbol für den Kampf gegen die britische Herrschaft. Die Bewohner der Bogside forderten ab 1969 immer intensiver ihre Bürgerrechte ein, die Gleichbehandlung, die ihnen das Vereinigte Königreich in vielerlei Hinsicht verwehrte. Die Proteste starteten als friedliche Demonstrationen, glitten aber schnell in gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei ab und mündeten in den Bürgerkrieg, den man heute als “Troubles” kennt. Die Bogside war immer eines der Zentren des Geschehens, zum Beispiel im August 1969, als es zu einer zweitägigen Straßenschlacht kam, der “Battle of the Bogside”. Danach wurde die Armee hinzugerufen, und das Ganze eskalierte endgültig, spätestens mit dem Blutsonntag vom Januar 1972. Hier nochmal ein Blick von den City Walls hinunter auf die Häuserzeilen der Bogside.

Seit dem Karfreitagsabkommen 1998 ist es auch hier weitgehend friedlich geworden. Allerdings sind die Wohngebiete von Katholiken und Protestanten (bzw. Republikanern und Loyalisten) weiterhin strikt getrennt; es gibt jeweils eigene Schulen, eigene Sportvereine – und der Derry City FC spielt in der irischen Liga, nicht in der nordirischen. Die Geschichte der Bogside aus Sicht ihrer Bewohner kann man an der “People’s Gallery” erfahren, großformatigen Waldbildern, die die Hauswände in der Bogside zieren. Sie beschäftigen sich vor allem mit den “Troubles” und dem, was hier im Viertel passierte. Einige der Bilder sind Reproduktionen von Photographien, die zum Beispiel während des “Bloody Sunday” aufgenommen wurden.

Das Schulmädchen auf diesem Wandgemälde ist die 14-jährige Annette McGavigan, die am 6. September 1971 von britischen Soldaten erschossen wurde. Sie war das 100. Todesopfer des Bürgerkrieges, der sich damals nicht einmal mehr durch solch furchtbare Taten stoppen ließ.

Die Bogside kann viele solcher Geschichten erzählen. Auch deshalb ist sie bis heute fest in republikanischer Hand.

Erinnert wird mit einem Denkmal auch an die Gefangenen in den H-Blocks des Maze Prison, von denen einige (zehn, um genau zu sein) bei einem Hungerstreik im Jahr 1981 starben.

Und daher ist auch eindeutig, welche Flagge über der Bogside weht.

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