West Belfast: Falls Road

Los geht es in der Divis Road, wo mit dem Hochhaus Divis Tower noch ein letzter Block der alten Bebauung dieser Straße steht.

Die britische Armee hielt zeitweise das Obergeschoß des von Katholiken bewohnten Hochhauses besetzt, und an der Fassade erinnert eine Tafel an zwei Bewohner, die hier in ihren Wohnungen starben, als das Haus von außen beschossen wurde.

In der Falls Road gibt es dann die ersten Murals, die berühmten Wandbilder, die hier auf katholischer Seite natürlich vor allem die IRA rühmen. Hier die sogenannte “International Wall”.

Häufig taucht die 32 auf, die Anzahl der historischen irischen Grafschaften und eine Symbolzahl eines vereinigten Irland, weil sechs davon im heutigen Nordirland liegen und daher aus irisch-republikanischer Sicht als “Lost Counties” gelten.

Man zeigt aber auch Sympathie für andere Völker, deren Situation man als verwandt einstuft.

Und die irische Fahne weht überall entlang der Falls Road, auch über einer der Gedenkstätten für IRA-Kämpfer und zivile Opfer der Troubles.

An der Falls Road steht auch das Büro der Sinn-Féin-Partei, die als eine Art politischer Arm der IRA gilt, vor allem aber irische und katholische Interessen vertritt und seit 1998 an der nordirischen Regierung beteiligt war, solange es eine gab (seit zwei Jahren wird Nordirland wieder von London aus verwaltet). Das Büro ist auch Anlaufstelle für die Anwohner der Falls Road und der umliegenden Viertel. Es war mehrfach Ziel von Anschlägen. An der Frontseite sind verschiedene Gedenktafeln angebracht, u.a. für Máire Drumm, Vizepräsidentin der Sinn Féin, die 1976 während eines Krankenhausaufenthaltes nach einer Augenoperation von protestantischen Paramilitärs ermordet wurde, die sich als Ärzte verkleidet ins Krankenhaus eingeschlichen hatten.

Die Seitenwand des Büros ziert das vielleicht bekannteste der Belfaster Wandgemälde. Es zeigt Bobby Sands, IRA-Kämpfer und gewählter Abgeordneter des britischen Parlaments.

Er starb 1981 im Maze Prison, nach 66 Tagen Hungerstreik im Kampf um die Anerkennung als politischer Gefangener, wodurch er zur Symbolfigur der IRA und zum Märtyrer wurde. Er war auch Dichter; einige seiner Werke wurden heimlich aus dem Gefängnis geschmuggelt. In Rebel Songs wie “The ballad of Bobby Sands” wird er besungen.

Weiter geht’s zur Bombay Street.

Direkt an der Grenze zum protestantischen Viertel und an der Peace Wall gelegen, war sie immer wieder Angriffsziel auch für unionistische paramilitärische Truppen, die hier einfielen und auch Häuser in Brand setzten. Und trotz 20 Jahren Frieden müssen die Bewohner ihre Gärten zur Mauer hin immer noch durch Gitter vor Wurfgeschossen schützen.

Eine Gedenkstätte erinnert hier an die Todesopfer, die aus dem Viertel um die Bombay Road stammten.

Die oben zu sehende Mauer verläuft zwischen Bombay Street und Cupar Way und trennt über eine Länge von mehreren Kilometer Katholiken und Protestanten. Sie ist acht Meter hoch und besteht an der Basis aus Stahlbeton einer Dicke von mehr als einem Meter. Insgesamt gibt es in Belfast mehr als 21 km solcher Mauern, mit denen pro-irische und pro-britische Viertel getrennt werden.

Die Mauern abzubauen ist trotz vereinzelter Gedanken von Seiten der Stadtverwaltung noch kein Thema; den Bewohnern verschafft das ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Mike, der Protestant, sagte, vielleicht klappt das mal in zwei, drei Generationen. Aber immerhin ist das Leben hier weitgehend friedlich und sicher geworden. Getrennt zwar in zwei Stadtteile, aber immerhin gibt es keine Bombenanschläge, Entführungen, Attentate oder willkürliche Verhaftungen mehr. Das Karfreitagsabkommen von 1998 war diesbezüglich ein großer Erfolg, den sich unter anderem auch Tony Blair zugute schreiben darf (der dafür in der protestantischen Shankill Road übrigens heftig geschmäht wird). Unter seiner Vorgängerin, der Hexe in Downing Street (den farblosen John Major übergehe ich mal) wäre das niemals möglich gewesen.

Dann geht es durch das Tor in der Mauer hinüber in den protestantischen Teil.

Die Tore sind hier nur von 7 bis 19 Uhr geöffnet, danach kommt man nicht mehr auf die andere Seite. Wie Paul es beschreibt, leben beide Gruppen heute nebeneinander; Berührungspunkte gibt es kaum. Es gibt jeweils eigene Schulen, Krankenhäuser, Vereine…

Paul übergibt uns nun an Mike, der den zweiten Teil der Tour übernimmt und uns durch den protestantischen Teil führt.

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