Ravensburg

Von Weingarten sind es nur knapp vier Kilometer bis Ravensburg. Das würde ich normalerweise auch wandern – aber nicht bei diesen sibirischen äußeren Bedingungen… Auch wenn sich zum Nachmittag die Sonne durchsetzt: Es lebe die Sitzheizung!

Oberhalb der Stadt steht auf hohem Felsen die Veitsburg, bzw. die Vorburg derselben; der einzige Rest, der von dieser mittelalterlichen Burg übrig ist. 

Burgherren waren die Welfen, die im 11. Jh. die Stadt Ravenspurc gründeten und ja auch das nahe Kloster Weingarten unterhielten. Vom Burgfelsen hat man einen schönen Blick auf die Stadt mit ihren vielen Türmen.

Besonders prägnant ist der schlanke hohe Turm der Stadtbefestigung, der wegen seiner Form den Namen “Mehlsack” erhielt.

In der Altstadt, in deren Gassen am heutigen Samstag Markttag ist, …

…findet man auch das schön gemachte Spielemuseum von Ravensburger, mit Ausstellungsstücken aus der Firmengeschichte und natürlich ganz viel zum Spielen. In der Hall of Fame der Firma…

…darf natürlich auch das schöne “Fang den Hut” nict fehlen: Mit seinem unverkennbar vom Bauhaus inspirierten Design ist es ein seit 1927 produzierter Klassiker (den ich natürlich auch zu Hause im Schrank habe).

Die Altstadt hat aber noch weitere sehenswerte Ecken:

Obertor:

Rathaus:

Waaghaus (altes Kaufhaus und Stadtwaage):

Marktstraße:

Geht seinen Weg: Reisehase.

Weingarten

Weingarten ist zweifellos einer der Höhepunkte der Oberschwäbischen Barockstraße. Der Ort am Stadtrand von Ravensburg wird überragt von der Benediktinerabtei, dem reichsten und berühmtesten Kloster Oberschwabens. Die Klosterkirche gehört zu den größten Barockkirchen Süddeutschlands. 

Das Kloster besaß eine aus Mantua importierte (und natürlich ganz bestimmt total echte) Reliquie des Heiligen Blutes, was Weingarten auch zu einem wichtigen Wallfahrtsort machte. Der riesige barocke Neubau der Klosterkirche wurde in der erstaunlich kurzen Zeit von nur acht Jahren errichtet (1717-25). Grüße nach BERlin… ?

Das Innere ist vollendeter Barock, mit allerdings sehr schlichten Mittelschiffpfeilern. Prunkstücke der Ausstattung sind die große Gabler-Orgel (6.600 Pfeifen), die Kanzel, …

…die Deckenfresken von Cosmas Damian Asam…

…und die große Vierungskuppel.

Das Kloster gilt als Stammsitz der Welfen, die es zu ihrer Familiengrablege bestimmten. Das erkennt man spätestens in einem der Innenhöfe, wo eine Kopie des Braunschweiger Löwen steht. Das Original steht in der Welfenresidenz Braunschweig vor der Burg Dankwarderode.

Daß Weingarten eine durchaus reiche Abtei war, läßt sich aber nicht nur an der Architektur ablesen. Im Fruchtkasten zum Beispiel, einem hübschen Renaissancebau, lagerten in besten Zeiten etwa 1,1 Millionen Liter Wein. Das reicht ja mal für ein paar kalte Wintertage…

Wurzacher Ried

Ob es wirklich eine gute Idee ist, bei Minustemperaturen und eisigem Ostwind eine zwölf Kilometer lange Wanderung durch ein Moor zu machen?

Ja!!

Das Wurzacher Ried, eines der größten Hochmoore Mitteleuropas, ist nämlich auch an einem eiskalten Februartag von beeindruckender Schönheit.

Das Ried entstand, als sich nach der Eiszeit hier das Schmelzwasser der Gletscher sammelte und die sich bildenden Seen später teilweise verlandeten. Im 19. Jh. intensivierte man den Torfabbau, so daß wieder größere Wasserflächen entstanden, wie hier der Riedsee.

Informationen zum inzwischen eingestellten Torfabbau liefern zahlreiche Tafeln entlang des Weges, der auf Holzbohlen durch die feuchten Sümpfe führt. Und auch diverse Hilfsmittel sind ausgestellt.

Seit 2004 ist die gesamte Moorlandschaft unter Schutz gestellt.

Andere Teile des Ried sind trockenere Heidelandschaften, die mit Schnee und Eis ihren eigenen Reiz haben. Und bisweilen fühlt man sich fast in ein Bild von Bob Ross versetzt. Just brushing…

Vielleicht komme ich um des Kontrastes willen im Spätsommer nochmal. Dann ist das Ried mit Sicherheit farbenfroher. Fast ganz in Schwarz-Weiß ist die Landschaft aber ebenfalls grandios. Hier noch ein paar Impressionen aus dem Moor und von der Wanderung:

Très content: Lapin de la Tourbière.

Bad Waldsee

Bad Waldsee liegt am Ufer eines Sees, der wie heißt? Na? … Genau: Stadtsee.

Der Ort war seit dem 14. Jh. österreichisch, war aber an die Herren von Waldburg verpfändet, die sich durch die Jahrhunderte fast durchweg als üble Ausbeuter entpuppten. Mehrere blutig niedergeschlagene Aufstände waren die Folge.

Andererseits wurden in Bad Waldsee insgesamt 54 Frauen als Hexen verbrannt… Die in den Prozessen genutzte Folterkammer befindet sich im Rathaus, einem Bau mit schöner spätgotischer Fassade.

Und auch Bad Waldsee besitzt ein korrekt benanntes Gasthaus.

Ein Stadtteil von Bad Waldsee ist Durlesbach. Den geschätzt 40 Einwohner zählenden Flecken würde niemand kennen, gäbe es da nicht den 1911 errichteten Bahnhof.

Er war Haltepunkt an der schwäb’sche Eisenbahne und fand als solcher neben Stuttgart, Ulm und Biberach sowie Meckenbeuren Erwähnung im bekannten Lied. Dem dort besungenen Bauern und der wenig glücklichen Ziege ist in Durlesbach ein Denkmal errichtet worden.

Die Ziege ahnt schon, daß die Zugfahrt wohl kein gutes Ende nehmen wird. Trullala. Jetzt aber erstmal aufwärmen.

Biberach an der Riß

Ich starte in Biberach. Bei minus vier Grad und spürbarem Ostwind verspricht der Tag nicht allzu gemütlich zu werden. In der Stadt begrüßt man sich daher auch mit “S’isch scho bärig kalt”. Ha joh.

Der Stadtbesuch macht aber trotzdem Spaß, denn Biberach ist eine freundliche, angenehme und sehr hübsche Stadt. Vom Weißen Turm, einem Teil der Stadtbefestigung, blickt man über das mittelalterliche Zentrum.

Hier in Biberach ist übrigens Christoph Martin Wieland geboren, der Dichter, dessen Verserzählung “Oberon” wir ja ganz bestimmt alle gelesen haben.

Nicht? Echt nicht? Hm. ?

Im schon 1686 gegründeten Biberacher Theater, führte er jedenfalls erstmals in Deutschland Shakespeares “Der Sturm” in deutscher Sprache auf.

Zentrum der alten Reichsstadt ist der schöne Marktplatz mit seinen barocken Häusern und ein bißchen Fachwerk.

Biberach entwickelte dank der Textilherstellung einigen Wohlstand; im Weberviertel hat sich noch ein Ensemble alte Häuser erhalten. Die Stadtpfarrkirche ist eine Simultankirche, wird also von Katholiken und Protestanten gleichzeitig genutzt – und das schon seit 1548. Keine Selbstverständlichkeit.

Der Innenraum wird aktuell restauriert, aber einen Blick auf das Deckenfresko kann ich trotzdem werfen.

Trotz des sibirischen Wetters: Dem Reisehasen gefällt’s hier.

Edit (30.01.2019): Erratum.

Ich schrieb, Christoph Martin Wieland sei in Biberach geboren worden. Das stimmt aber gar nicht – er wurde 1733 im Pfarrhaus in Oberholzheim geboren (etwa 30 Kilometer nördlich von Biberach). Die Familie Wieland zog aber 1736 nach Biberach, weil Wielands Vater dort eine Stelle als Siechenprediger erhalten hatte.

Oberschwaben

Wieviel Spaß ich schon mit fünf, sechs Jahren am Reisen hatte, sieht man daran, wie ramponiert die Schachtel ist. Dank dieses Weltreise-Spiels kannte ich schon als Kind Städte wie Invercargill und konnte die Hauptstädte von Äthiopien oder Ecuador aufsagen.

Bisher bin ich aber weder nach Addis Abeba noch nach Invercargill gekommen. Und eine Weltreise wird’s auch dieses Wochenende nicht geben – aber dafür eine Tour dorthin, wo dieses Weltreise-Spiel herkommt (die blaue Ecke unten rechts deutet es an): Nach Oberschwaben.

Die Suche nach einem passenden Hotel war sehr schnell abgeschlossen.

Pflichtprogramm für den Reisehasen. ? Da gab’s natürlich keine Alternativen.

Konstanz

Im Französischen heißt der Bodensee “Lac de Constance”, ist also nach der Stadt am Ausfluß des Rheins aus dem Obersee benannt. Diese wiederum hat ihren Namen vom römischen Kaiser Constantius.

Die schöne Altstadt von Konstanz liegt südlich des Rheins direkt an der Schweizer Grenze und bietet eine Menge an alten Häusern, teilweise noch mit Fassadenmalereien aus der Renaissancezeit.

1414-18 fand in diesem Gebäude (und im Münster) das Konstanzer Konzil statt.

Im Zuge dessen wurde unter anderem Papst Martin V. gewählt (die einzige Papstwahl nördlich der Alpen) sowie dem tschechischen Reformator Jan Hus der Prozeß gemacht (nicht der einzige Prozeß dieser Art nördlich der Alpen). Hus wurde in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Was während des Konzils Hochkonjunktur hatte, war die Prostitution. Daran erinnert seit 1993 die Imperia am Hafen.

Die Figur dreht sich in vier Minuten um die eigene Achse und trägt auf ihren Händen einen nackten weltlichen Herrn und einen ebensowenig bekleideten Kleriker (die Figuren werden allgemein als Kaiser und Papst gedeutet). Daß die Figur heftig umstritten war, wundert daher nicht. Heute ist sie vielbesuchtes Photomotiv.

Mit der Gesamtsituation auch bei Nebel zufrieden: Der Reisehase.

Hohes Horn

Die Wandersaison ist eröffnet. Und da geht’s hoch: Von Offenburg aufs Hohe Horn. 500 Höhenmeter weiter oben (plus die 98 Stufen des ziemlich luftigen Aussichtsturms) bietet sich dann folgende Aussicht nach Offenburg und in die Ortenau:

Bei besserem Wetter würde der Blick noch bis ins Elsaß zum Grand Ballon reichen. So muß oder kann ich mich auf die Felsformationen am Wegrand konzentrieren.

Oder auf die Weinberge.

Schöne Wanderregion hier. Wenn die Herren des Herrenwanderzirkels nicht so bräsig wären, könnte man hier eine sehr nette Rundwanderung machen.

Und nach absolvierten knapp 20 Kilometern dann eine kleine Belohnung.