Halle (Saale)

Die Namensverwandtschaft mit Hall in Tirol ist natürlich kein Zufall: Auch Halle lebte vom Salzhandel und wurde damit reich. Schon im 13. Jahrhundert trat Halle der Hanse bei. Die Salzvorkommen lagen in der Nähe in dem Gebiet um Bad Salzelmen und Staßfurt mit seinen Kalilagerstätten. Die Geschichte des Salzes in Halle wird im Halloren- und Salinenmuseum erzählt.

Halloren waren übrigens die Salinenarbeiter, deren Bruderschaft 1524 gegründet wurde und noch heute existiert.

Zentraler Platz in Halle ist der weitläufige Marktplatz. Hier stehen der Rote Turm und die Marktkirche. Allerdings herrschen am heutigen Abend überaus ungünstige Lichtverhältnisse.

Naja, man kann was erkennen. Wäre jedenfalls die richtige Lichtstimmung für Gustave Caillebotte oder andere Impressionisten gewesen…

Hier nochmal der Rote Turm aus der anderen Richtung:

Und die Marktkirche:

Auch der bekannteste Sohn der Stadt steht hier am Marktplatz: Georg Friedrich Händel wurde in Halle geboren. 

Sein Geburtshaus steht in der Großen Nikolaistraße. Momentan ist gerade das Händelfestival mit zahlreichen Konzerten in diversen Gebäuden der Stadt.

Von den Beatles ist keiner in Halle geboren. Ein Museum gibt’s trotzdem.

Auch ein bildender Künstler war hier aktiv: Den Roten Turm hat Lyonel Feininger gemalt, den Dom ebenfalls, und noch einige andere Motive der Stadt; die Werke kann man auf einem Feininger-Rundweg entdecken. Das Bauhaus wirft also schon seine Schatten voraus.

Merseburg

Eiris sâzun idisi, sâzun hêra duoder.
Suma haft heftidun, suma heri lêzidun…

Wer möchte, kann sich an eine Übersetzung wagen und mittels der Merseburger Zaubersprüche seine Althochdeutsch-Kenntnisse aufpolieren. Es ist der Anfang des ersten Zauberspruches; mit seiner Hilfe lassen sich die Fesseln gefangener Krieger lösen. Sollte man sich also merken; man kann nie wissen, wann man das mal brauchen kann.

Die beiden Zaubersprüche hat man 1841 in der Merseburger Bibliothek des Domkapitels gefunden. Sie wurden im 10. Jahrhundert aufgeschrieben, sind aber deutlich älter.

Merseburg liegt heute mitten im Chemiebezirk zwischen Schkopau und Leuna, ist aber eine sehr alte Stadt, die schon im 10. Jahrhundert Bischofssitz war und als Kaiserpfalz auch zahlreiche Herrscher zu Besuch hatte. Später war die Stadt sächsische Residenz. Heute ist Merseburg ein hübsches, nicht allzu großes Städtchen.

Wahrzeichen der Stadt ist der Gebäudekomplex aus Renaissanceschloß und Dom. 

In einer Volière am Schloß leben zwei Raben, die an eine lokale Sage erinnern: Ein Diener war verdächtigt worden, einen goldenen Ring gestohlen zu haben. Als man den Ring schließlich in einem Rabennest wiederfand, hatte man den Diener bereits als Dieb verurteilt und geköpft…

Im Dom wiederholt sich das Spielchen aus Naumburg: Photos im Innenraum kosten extra. Daher wiederhole ich das Spielchen, für Innenaufnahmen aufs Internet zu verweisen.

Dom und Schloß sind aber auch von außen präsentabel.

Stiehlt nie goldene Ringe: Reisehase.

Leuna und Buna

“Plaste und Elaste aus Schkopau” stand gut lesbar an der Transitautobahn; jedenfalls dem Vernehmen nach; ich bin da zu DDR-Zeiten nie durchgekommen. Die Buna-Werke in Schkopau waren ein großer Kunststoffhersteller, dessen Betriebssportgemeinschaft sogar den Sprung in die DDR-Oberliga, die höchste Spielklasse des Landes schaffte.

Schkopau selbst ist eigentlich nur ein kleines Dorf, mit barockem Kirchlein und Schloß (heute Hotel).

In Leuna, etwas südlich, hatte schon ab 1917 die BASF eine Ammoniakfabrik errichtet, die später von der I.G. Farben zu einem großen Chemiewerk ausgebaut wurde, in dem aus Kohle Benzin hergestellt wurde. Die DDR baute die Anlage noch aus und produzierte hier umweltseitig nicht ganz unproblematische Dinge: Petrochemische Produkte, Düngemittel, Salpetersäure, hochgiftige Phenole, Kunststoffe… Leuna war damals nicht direkt ein Luftkurort…

Immerhin sind die Felder um Leuna noch oder wieder grün. Das arg strapazierte Wort der blühenden Landschaften lasse ich aber mal in der Schublade. Die Landschaft hier, ohnehin sehr flach und wenig spektakulär, aber mit sehr fruchtbaren Böden ausgestattet, war also (auch durch den Braunkohleabbau) ohnehin schon ziemlich kaputt. Da fiel es dann wohl leicht, geschätzte 4,5 Millionen Windräder (vorsichtige Schätzung) in die Leipziger Tieflandsbucht zu rammen. Schön ist das trotzdem nicht.

Zurück nach Leuna. Das Werk wurde nach der Wende unter Einsatz größerer Mengen Schmiergeldes an die Elf Aquitaine verkauft.  Immerhin überlebte es so die Wendezeit. Hier das Haupttor des Werkes:

Im Zentrum der Stadt steht das große Kulturhaus: 1927 als Gesellschaftshaus erbaut, diente es nach dem Krieg als Klubhaus der Werktätigen. Man bot den bis zu 28.000 Arbeitern, die in den Leuna-Werken beschäftigt waren, also etwas.

Der große Platz am Haupttor des Werkes erhielt vor ein paar Jahren eine moderne Straßenbahn-Haltestelle:

Bad Dürrenberg

Der Kurort Bad Dürrenberg zwischen Weißenfels und Merseburg kann mit einem Rekord aufwarten: Hier steht das längste Gradierwerk Deutschlands: 636 Meter.

Grundlage des Kurbetriebes sind natürlich auch hier die Salzvorkommen der Region. Seit 1763 wird die Solequelle mit ihrem Salzgehalt von mehr als 10% genutzt.

Das Gradierwerk steht in einem sehr schönen Kurpark (mit großer Blumenuhr).

Lützen

Die Schlacht von Lützen im Jahr 1632 war militärisch gesehen eigentlich  weitgehend folgenlos. Und dennoch markierte sie einen Wendepunkt im Dreißigjährigen Krieg. 1630 hatte der schwedische König Gustav II. Adolf auf protestantischer Seite in den Krieg eingegriffen und war mit seinen Truppen quer durchs Reich marschiert (bis nach Memmingen hinunter). Nach anfänglich großen Erfolgen griff er im November 1632 bei Lützen die von Wallenstein befehligten kaiserlichen Truppen an. Gustav Adolf wurde im Verlauf der Schlacht tödlich verwundet. Details bitte bei Schiller nachlesen (ok, der steigt in seinem “Wallenstein” erst 1633 ein. Egal).

Der schwedische König ist daher heute in Lützen allgegenwärtig. Es gibt eine Gustav-Adolf-Straße und das Gustav-Adolf-Gymnasium. Er ziert auch das Rathaus der Kleinstadt.

Und an der Stelle, an der er starb, ist heute eine Gedenkstätte mit kleiner Kapelle.

Außer Gustav Adolf starben übrigens auch etwa 8.000 bis 10.000 Soldaten…

Naumburg

Naumburg liegt am Zusammenfluß von Saale und Unstrut und ist dank der Türme des Doms schon von weitem zu sehen.

Der Dom St. Peter und Paul ist eines der Hauptwerke der deutschen Spätromanik. Bilder gibt’s nur von außen; man leistet sich auch hier den Spaß, eine Photo-Erlaubnis “für private Zwecke” für zwei Euro extra zu verkaufen; ein Angebot, das ich ja grundsätzlich nicht annehme. Der Innenraum bietet natürlich Einiges, was hier nun nicht in Bildern wiedergegeben ist: Den farbig gefaßten Lettner am Westchor, den Ostchor, die Krypta, drei Kirchenfenster von Neo Rauch… Und natürlich die großartigen Stifterfiguren aus der Zeit um 1250, vor allem die aus dem Kreuzworträtsel bekannte Uta. 

Sie lebte in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, stammte aus Ballenstedt am Harz (wo ich im dortigen Schloß schon übernachtet habe) und war mit Markgraf Ekkehard verheiratet (der von der Eckartsburg in Eckartsberga).

Aber auch von außen ist der Dom beeindruckend. Wie Bamberg hat er einen West- und einen Ostchor, daher auch die vielen Türme.

Hübsch ist auch die Naumburger Innenstadt, die sich um den Marktplatz mit Stadtkirche St. Wenzel und  Rathaus gruppiert…

…und mit ihren zahlreichen Cafés sehr einladend wirkt.

An der Stadtmauer steht das Haus, in dem Friedrich Nietzsches Mutter lebte, die ihn hier von 1890 bis 1897 pflegte, als er bereits geschäftsunfähig und schwerkrank war (laut Tafel am Haus “wohnte (er) hier zum Besuche seiner Mutter”…). 

Pforta

Mitteldeutschland ist eine Gegend mit zahlreichen Klosterstandorten, denn die Zisterzienser waren wesentliche Akteure in der Besiedlung der ostelbischen Gebiete. Heute habe ich Kapellendorf, Eckartsberga-Marienthal, Klosterhäseler und Langendorf abhaken können. Und immer, wenn dieses Zeichen auftaucht, kann man sicher sein: Es wird schön werden. 

Dieses Exemplar findet sich in Pforta. Das Kloster bei Naumburg gehörte zu den wichtigsten Klöstern der Region. Es gründete fünf Tochterklöster, eines davon war Dünamünde (Daugavgrīva) bei Riga. Pforta wurde schon 1540 aufgelöst: Die Gegend wurde in der Reformationszeit sehr schnell protestantisch; Luther war nicht weit. 

Pforta wurde in eine sächsische Fürstenschule umgewandelt, später in ein Internat, und erhielt den Namen Schulpforta. Zu den Schülern gehörte  auch Friedrich Nietzsche. Ein Internat ist Pforta noch immer, mit Schwerpunkten auf Sprachen und Kulturwissenschaften.

Herausragend ist die gotische Klosterkirche aus dem 14. Jh., eine im Inneren echte klassische Zisterzienserkirche. Wenn man hier im Mittelschiff steht und den großartigen Raumeindruck genießt, kann man meine Faszination für diese Klosterbauten der Zisterzienser vielleicht nachvollziehen.

Mit ihrem Westturm und den Verzierungen verstößt die Kirche allerdings gegen den Bauprinzipien des Ordens. Es sei ihr gestattet.

Direkt anschließend liegt der Kreuzgang, allerdings nicht mehr original mittelalterlich.

Auf dem Klosterareal gibt es noch weitere Bauten aus den unterschiedlichsten Stilepochen und Zeiten. Der Bau links im Bild stammt noch aus der Klosterzeit; die ursprüngliche Funktion ist nicht bekannt. Später jedenfalls diente er als Schweinestall.

Ouverture: 1806

Tschaikowskis “Ouverture 1812” behandelte den russischen Sieg über Napoleons Armee. Hier, wo ich diese Kurztour eröffne, fand das große Ereignis schon 1806 statt.

In diesem Jahr nämlich errang die französische Armee bei Jena und Auerstedt in den Koalitionskriegen einen entscheidenden Sieg über eine vereinigte Preußisch-Sächsische Armee, deren Befehlshaber Herzog Karl von Braunschweig-Lüneburg  tödlich verwundet wurde. Wer als Sieger aus diesen Schlachten (es waren mehrere) hervorging, sieht man auch in Paris, wo es in bester Lage, an der Place de l’Étoile, eine Avenue d’Iéna gibt…

Für Preußen war diese Niederlage eine historische Zäsur: Scharnhorst und Gneisenau reformierten anschließend die Armee, und unter den von Freiherr vom Stein angestoßenen Reformen wandelte sich das Land zu einem (damals) modernen Staat, inclusive Aufhebung der Leibeigenschaft der Bauern. 

Auerstedt ist ein kleines Dorf nördlich von Jena, am Fuß des Gebirgszugs der Finne. Hier steht ein Schlößchen, das 1806 als preußisches Hauptquartier diente.

Etwas nordwestlich liegt Eckartsberga mit der Ruine der Eckartsburg. 

Dort kann man auf den Turm hinauf und blickt dann über das Schlachtfeld bei Auerstedt.

Außerdem sieht man von oben sehr schön, wie Eckartsberga am Rand des Finne-Höhenzuges liegt, der hier in die landwirtschaftlich genutzten Ebenen übergeht.

Im Burgturm sind einige Fundstücke vom Schlachtfeld ausgestellt. Angesichts der fast 50.000 Opfer, die das Gemetzel forderte, war es vermutlich nicht schwer, da etwas zu finden.

Die schön gelegene Eckartsburg übrigens animierte angeblich Goethe, der natürlich auch hier war (ok, der war eh fast überall), zu einem Gedicht: Der getreue Eckart. Das ist aber ein Themenkreis, der schon aus dem Mittelalter stammt: Es gibt ein Versdrama von Jörg Wickram (“der trew Eckart”) aus der Reformationszeit; Ludwig Tieck verband das Sujet dann in der Zeit der Romantik mit der Tannhäuser-Sage.

Ich hatte ja angekündigt, daß es literarisch wird (als alter Germanist kann ich nicht anders). Mitteldeutschland bietet diesbezüglich aber wirklich viel, und Weimar ist ja auch um die Ecke.

Der Reisehase spielt, obwohl das nun wiederum literarisch überhaupt nicht in die Gegend paßt, derweil lieber Münchhausen:

Auch bei Kapellendorf fand 1806 eine preußisch-französische Schlacht statt, und auch hier steht ein Schloß: Diese hübsche Wasserburg.

Kapellendorf war auch Standort eines Zisterzienserklosters. Eins mehr auf der Liste. ✔? Dazu aber gleich noch mehr.

Saale-Unstrut

Ein langes Wochenende: Da kann ich einfach nicht zuhause bleiben… Letztes Jahr war ich am Fronleichnams-Wochenende in Vorarlberg, dieses Jahr geht’s in eine andere Richtung: Ins nördliche Thüringen und ins südliche Sachsen-Anhalt, “an der Saale hellem Strande”. 

Der übrigens gar nicht überall so hell ist, wie er in dem bekannten Volkslied besungen wird. Hier bei Naumburg (s.o.) jedenfalls nicht.

Nochmal in die Berge, das wollte ich den Lesern mit Abneigung gegen Hochgebirge nicht schon wieder zumuten. ? Abneigungen gegen Literatur oder moderne Architektur sollte man als Leser dieses Blogs bei dem Reiseplan für die kommenden fünf Tage allerdings auch nicht haben, so viel kann ich schon mal vorausschicken. 

Und kulinarisch? Naja, da bietet sich an Saale und Unstrut ja das hier an:

Ein Grauburgunder aus Freyburg (Unstrut). Santé. ? On y va!