Nach so viel Breslau wird es jetzt aber Zeit, sich dem eigentlichen Zentrum der Stadt zu widmen. Natürlich hat auch Breslau seinen Ring, und natürlich ist der Größe der Stadt angemessen. Er gilt als einer der schönsten Plätze Polens und Mitteleuropas.

Und das scheint mir nicht so ganz falsch zu sein. Der Platz ist auf allen Seiten von farbig verputzten Giebelhäusern umgeben. Im Startbild sieht man zum Beispiel die Nordseite mit dem Turm der Elisabethkirche im Hintergrund. Die Häuser hier stammen in der Regel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, da diese Platzseite stark zerstört wurde.

Südwestlich schließt sich als kleineres Viereck der ebenso hübsche Salzmarkt (plac Solny) an, ebenfalls mit schönen Giebelhäusern.

Aber zurück zum Ring. In der Mitte steht auch hier der Gebäudekomplex des Rathauses, der natürlich auch nochmal etwas größer ist als in den anderen schlesischen Städten. Der Bau wurde im 13. Jahrhundert begonnen und seitdem eigentlich immer wieder aus-, um- und wiederaufgebaut. Der gotische Haupttrakt (im Bild rechts) stammt aus der Zeit zwischen 1470 und 1510. Das repräsentative Rathaus war auch Symbol für die Macht und Finanzkraft der Breslauer Bürgerschaft, insbesondere der Kaufleute. Breslau war Mitglied der Hanse und lag außerdem an der Hohen Straße, der wichtigen Handelsverbindung quer durch das Reich in West-Ost-Richtung (Frankfurt/Main – Leipzig – Breslau). Der gelbe Trakt links im Bild ist das Neue Rathaus von 1860-64, für das Friedrich August Stüler die Pläne erstellt hatte, der im Preußen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Baumeister quasi unvermeidlich war.

Auf dem Ring ist natürlich immer viel los: Neben den Einheimischen bevölkern auch viele Touristengruppen den Platz, und außerdem ist hier natürlich fast immer irgendwo eine Veranstaltung. An der Nordwestecke wird zum Beispiel gerade eine Bühne aufgebaut, und an der Südostecke ist ein Markt mit Handwerksständen, zu dem auch dieser prächtige Pfau und die Windmühle gehören. Im Hintergrund sieht man den Ostgiebel des Alten Rathauses.

Noch ein paar Details vom Alten Rathaus:


Blick auf die Südseite des Rings, die ebenfalls im Krieg zerstört wurde und ab 1952 rekonstruiert wurde, wobei man sich bei der Gestaltung eher locker an die Vorkriegsbebauung anlehnte.

An der Nordwestecke steht ein moderner Brunnen, im Jahr 2000 aufgestellt und laut Wikipedia “umstritten”. Mir gefällt er ganz gut, aber das gilt ja für so einiges, was angeblich “umstritten” ist.

Sehenswert sind auch viele Fassaden, zum Beispiel die von der Restauracja Spiż an einer Ecke des Neuen Rathauses.

Die ältesten Gebäude stehen an der Westseite des Platzes. Zum Beispiel das Haus zu den Sieben Kurfürsten mit einer Fassadenmalerei von 1672.

Wer durchzählt, wird auf acht Figuren kommen: Zu den sieben Kurfürsten gesellt sich nämlich noch der damalige Landesherr, der böhmische König Leopold I., der – unnützes Wissen – aus dem Hause Habsburg stammte, als Herrscher die Belagerung Wiens durch die Türken überstehen mußte (und dank Prinz Eugen auch überstand) und trotzdem genügend Zeit fand, mehr als 230 Orchesterwerke zu komponieren.
Neben den Kurfürsten und zahlreichen anderen Fassadenfiguren kann man, wenn man ein bißchen genauer hinschaut, auch auf dem Ring verschiedene dieser Zwerge entdecken, die die ganze Stadt bevölkern. Einem sind wir ja schon auf der Dominsel begegnet.
