Von der Wutachschlucht ist es ein gewisser Sprung bis Schwenningen, das auch gar nicht mehr im Schwarzwald liegt, sondern auf der Baar, einer Hochebene zwischen dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb. Schwenningen ist heute Teil der Doppelstadt Villingen-Schwenningen.

Das ist eine Konstruktion ähnlich wie das kürzlich besuchte Waldshut-Tiengen, nur noch größer und aus noch unpassenderen Teilen zusammengesetzt. Wie in Waldshut-Tiengen liegen die beiden Stadtkerne gut acht Kilometer voneinander entfernt, und historisch trennen sie Welten, die alte vorderösterreichische und badische Bürgerstadt Villingen und das industriell geprägte württembergische Schwenningen. Am Heimatmuseum sind alte Grenzpfähle der beiden Staaten aufgestellt.

Das Museum steht am Muslenplatz und ist eines der wenigen wirklich alten Gebäude im Stadtzentrum. Es bildet ein Ensemble mit dem evangelischen Pfarrhaus (im Bild links), dem ältesten Gebäude Schwenningens.

Wenn man sich auf dem Muslenplatz einmal um 180 Grad dreht (naja, bei den beiden Bildern waren es eher 120 Grad (aber jedenfalls definitiv keine Baerbock’sche 360-Grad-Wende)), sieht man an der Stadtbibliothek, daß der Platz sehr uneinheitlich bebaut ist.

Zwei Häuserblöcke weiter liegt der langgestreckte Marktplatz, dessen Südseite das Rathaus einnimmt. Der Bau stammt vom Architekten Hans Herkommer, dem man im Saarland an prominenter Stelle begegnen kann: Von ihm stammen die sehr hübsche Sankt-Michaels-Kirche in Saarbrücken und der Beckerturm in St. Ingbert. Und was da aussieht wie ein verirrter Speer aus einem Leichtathletik-Wettbewerb ist bloß eine überdimensionierte Sonnenuhr.

Die Sonnenuhr an so prominenter Stelle im Stadtbild ist natürlich kein Zufall. Schwenningen war eines der weltweit bedeutendsten Zentren der Uhrenherstellung. Die ganzen Hersteller, darunter bekannte Namen wie Bürk oder Kienzle, sind allerdings seit den 70er Jahren verschwunden. Von der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk steht immerhin noch das Werksgebäude, das heute Uhrenindustriemuseum ist.

Und etwas außerhalb der Innenstadt bietet Schwenningen noch eine weitere Attraktion: Die Neckarquelle.


Sie wirkt allerdings etwas gemogelt, weil der Bach, der hier herauskommt, ein paar Meter weiter in einen Teich fließt, der wiederum in einen kleinen Bach fließt, den man hier rechts im Bild sehen kann und der also von hinter der Neckarquelle kommt. Die Quellfassung stammt auch erst von 2010, als hier in Schwenningen die Landesgartenschau stattfand. Das gesamte Gelände im Schwenninger Moos wurde dafür als sehr hübsche Parkanlage neu gestaltet, mit viel Grün in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum.

Noch ein Kuriosum aus der Doppelstadt V-S: Die beiden führenden örtlichen Clubs FC 08 Villingen und BSV 07 Schwenningen treffen im Ligaalltag kaum aufeinander: Die Villinger gehören zum badischen Fußballverband, die Schwenninger zum württembergischen. Historisch ist der FC 08 deutlich erfolgreicher; die Villinger spielten in den 60er Jahren schon in der damals zweitklassigen Regionalliga. Der BSV aus Schwenningen hingegen wurde erst 1974 gegründet (als Fusion aus SC und VfR; letzterer war 1952 immerhin Deutscher Amateurmeister), schaffte aber im Gegensatz zu den Villingern den Sprung in die 2. Bundesliga Süd: 1976 war das. In 38 Zweitligaspielen gelangen aber nur vier Siege in 38 Spielen, obwohl mit Helmut Haller sogar ein Ex-Nationalspieler im Kader stand (aber nur wenige Spiele machte). Die Schwenninger stiegen direkt wieder ab und wurden schnell bis in die lokalen Klassen durchgereicht. In der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga hatten sie sich gegen drei andere Teams durchgesetzt, darunter einen Club aus Südbaden: Den FC 08 Villingen…

Spielstätte des BSV ist das hübsche Gustav-Strohm-Stadion. Damals ein Zweitligastadion, heute für die Ansprüche des Profifußballs vermutlich in allen Belangen ungeeignet. Was sehr schade ist.
Fußball ist in Schwenningen aber ohnehin nur die zweitwichtigste Sportart: Die Stadt ist eine Eishockey-Hochburg; der Schwenninger ERC spielte ab 1981 in der Eishockey-Bundesliga, als ich mich dafür noch interessierte. Heute, wo sich in der DEL die Pinguins, Roosters und Ice Tigers tummeln, die Haie und Adler und Eisbären, und ich all die Tiernamen ziemlich blöd finde, interessiert mich der Eishockey-Ligabetrieb überhaupt nicht mehr. Die Schwenninger sind aber noch dabei, als “Schwenninger Wild Wings”. Die Eishalle steht nicht weit vom Stadion entfernt und ist architektonisch in ihrem schnörkellosen Funktionalismus nun auch kein Highlight, aber das sind moderne Sporthallen ja nur äußerst selten.
