Glogau (Glogów)

Glogau ist die größte und wichtigste Stadt an der polnischen Oder unterhalb von Breslau. Die Stadt kommt heute auf etwa 60.000 Einwohner, das sind gut doppelt so viel wie 1939.

Aber eigentlich ist es gar nicht mehr dieselbe Stadt, denn Glogau hat im Zweiten Weltkrieg gelitten wie kaum eine andere Stadt. Sechs Wochen Belagerung im Februar und März 1945 hinterließen eine Trümmerwüste; die Altstadt war danach so komplett zerstört, daß an einen Wiederaufbau gar nicht zu denken war. Glogau wurde als Glogów auf den Flächen der ehemaligen Außenbezirke neu aufgebaut, als schlichte Plattenbausiedlung, und wuchs mit der Gründung einer Kupferhütte in den 60er Jahren wieder zu einer größeren Stadt heran. Die Fläche der ehemaligen Altstadt blieb zunächst unbebaut; die verbliebenen Ruinen wurden abgerissen und das Gelände planiert. Erst in den 80er Jahren begann der Wiederaufbau der Altstadt auf dem historischen Grundriß, aber mit neuen Gebäuden, deren Form die alten Giebelhäuser zitiert. Inzwischen gibt es also wieder ein Stadtzentrum (Stare Miasto) mit Ring, und das ist erstaunlich hübsch und farbenfroh geworden.

Natürlich sieht man an den vielen Freiflächen und brachliegenden Grundstücken noch sehr deutlich die Wunden, die der Krieg verursacht hat. Und das heutige Mistwetter läßt die Stadt grauer erscheinen als sie ist.

Auch das große Rathaus auf dem Ring ist also eine Rekonstruktion, eine deteilgetreute. Der Wiederaufbau begann 1984 und zog sich bis 2002 hin. Nun kann Glogau wieder den zweithöchsten Rathausturm Polens (nach Danzig) präsentieren: 80 Meter ist er hoch und sehr hübsch. Und das Gebäude ist nicht nur Staffage, sondern dient heute wieder seinem ursprünglichen Zweck: Als Sitz der Stadtverwaltung.

Ansonsten steht vom alten Glogau noch die Ruine der gotischen Nikolaikirche, die im 14. Jahrhundert erbaut worden war. “Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret (…) und wo wir hin nur schaun, ist Feuer, Pest und Tod”. Das schrieb der Barockdichter Andreas Gryphius in einem Gedicht über seine Heimatstadt Glogau – mitten im Dreißigjährigen Krieg.

Andere Gebäude am Ring sind nur noch mit archäologische Maßnahmen sichtbar, zum Beispiel die ehemaligen Tuchhallen, deren Kellermauern ausgegraben wurden.

Die barocke Corpus-Christi-Kirche wurde als nahezu einziger Bau der Innenstadt schon recht früh wieder restauriert.

Gerahmt ist das alte neue Zentrum von Parkanlagen, zum Beispiel entlang des Oderufers. Wie bisher eigentlich überall auf dieser Reise durch Schlesien finde ich es auffällig, wie schön angelegt und gepflegt die Parks, Grünanlagen und Plätze sind. Daß hier gerade kein Mensch ist, ist mit Sicherheit nur dem Dauerregen geschuldet, weshalb ich die Stadt eigentlich gerne mal bei richtigem Reisewetter erleben möchte und sie mir daher direkt auf Wiedervorlage genommen habe.

Am Boden hat man die Fundamente alter Bauten und Klöster freigelegt, die hier auf dem Gelände zwischen Innenstadt und Oderufer standen.

Das neben der Kirche einzige historische Gebäude, das man schon recht früh (1971-83) wieder aufgebaut hat, ist erstaunlicherweise das Glogauer Schloß. Es beherbergt heute das Stadtmuseum und steht direkt am Oderufer.

Dort verbindet eine Brücke die Altstadt mit der Odervorstadt (Domvorstadt) auf einer Oderinsel.

Der besorgte Blick geht immer wieder zum aktuellen Wasserstand der Oder, aber noch (Stand: Freitag) sieht das ganz gut aus. Die Flutwelle wird aber auch erst in ein paar Tagen hier erwartet. Jetzt fällt nicht nur hier in Glogau der Dauerregen, sondern vor allem auch weiter südlich in den Sudeten.

Nochmal zurück auf den Glogauer Ring: Vor dem Rathaus sitzt Pola. So zumindest lautet der Name der Skulptur eines kleinen Mädchens beim Taubenfüttern. Was ich für überflüssig halte, weil es eh schon zu viele dieser Viecher gibt und man die ohnehin schon vorhandene Taubenplage ja nicht noch verschlimmern sollte. Daher: Lieber mal nach anderen Tieren schauen, auch wenn die sich – um nicht komplett naß zu werden – nur kurz zu ihr setzen. 😉

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