Distroff (Moselle, Lorraine)

Sonntag, der 15. Juli 2018. Tag des WM-Finales. Da steht es natürlich außer Zweifel, daß ich hinüber nach Frankreich fahre.

Von Saarlouis aus führt die L405 auf den Saargau hinauf und dann, auf französischer Seite, als D918 bis nach Thionville, das auf Deutsch Diedenhofen heißt. Die uralte Straße verbindet die beiden Festungsstädte an Saar und Mosel und führt durch das eher dünn besiedelte, ländliche Lothringen, an das ich auch einige persönliche Erinnerungen habe.

Unser Gymnasium in Saarlouis hatte ein Austauschprogramm mit einer Schule im lothringischen Kédange-sur-Canner, einem 1.600-Einwohner-Kaff an besagter Straße, das aber als Gymnasiumsstandort für die Dörfer der weiten Umgebung diente. Aus dem Austausch entstanden Bekanntschaften, und so kam im Freundeskreis zu Schulzeiten die Idee auf, Freunde in Distroff zu besuchen, etwa 50 Kilometer von Bous entfernt. Mit dem Fahrrad. Hätte man nun in Erdkunde bzw. Heimatkunde aufgepaßt, wäre einem das “Lothringer Stufenland” ein Begriff gewesen: Das Land ist wellig, die Straße führt geradeaus hindurch und hat daher das typische Profil einer Minigolfbahn. Es geht entweder hinauf oder hinab; längere Flachpassagen gibt es quasi nicht. So kamen wir zwar noch einigermaßen aufrecht in Distroff an, wurden dann aber vom nicht enden wollenden Rückweg ziemlich gnadenlos zerrieben und ließen uns schließlich von den Eltern per Auto abholen. Es gibt Photos, auf denen wir recht unbrauchbar am Straßenrand an einer Mauer in Bouzonville herumliegen.

Heute fahre ich die Strecke mit dem Auto und wundere mich, daß wir bei diesem Streckenprofil überhaupt die schließlich etwa 80 Kilometer geschafft haben.

Distroff, 1.700 Einwohner, war das Ziel der damaligen T(ort)our. Der Ort liegt schon im Umland von Thionville, der Kreisstadt an der Mosel. Das kleine Ortszentrum bilden Kirche und Rathaus, die sich auf beiden Seiten einer der beiden Hauptstraßen des Ortes gegenüberstehen. Im Mittelalter war Distroff Sitz einer kleinen Grundherrschaft, woraus auch ein Schloßbau resultierte, von dem sich aber nur Reste erhalten haben.

Erinnert sich trotzdem sehr gerne an die Besuche in Distroff: Lapin Distroffois.

Ein weiteres der typischen lothringer Straßendörfer, durch die man fährt, ist Hombourg-Budange.

In Kédange-sur-Canner steht am Ortsrand das neue, moderne Collège de la Canner. Es ist die Nachfolgeinstitution des Collège de la Forêt, der Schule, mit der wir die erwähnte Schulpartnerschaft hatten. Die alten Gebäude (am anderen Standort) wurden allerdings vor kurzem abgerissen.

Der Ortskern von Kédange wirkt etwas ausgestorben. Zumindest dürfte es schwierig werden, im “café” die “amis” zu treffen.

Sarreguemines (Saargemünd)

Eigentlich war München geplant dieses Wochenende; das wurde aber aus organisatorischen Gründen abgesagt. Kurzfristig ist dann Saargemünd eingesprungen, und das war auch gut so. ?

Visite très spontanée, mais quand même très plaisante à Sarreguemines, après que le tour à Munich à été annullé ce week-end pour des raisons organisationnelles. ?

Saargemünd also. Die lothringische Kleinstadt liegt direkt an der französisch-deutschen Grenze, dort, wo die Saar für einige Kilometer zum Grenzfluß wird (bis Saarbrücken).

Ihren Namen hat die Stadt, weil hier die Blies in die Saar mündet; der korrekte Name wäre also eigentlich Bliesgemünd. Hier ein Blick auf Blies (Mitte hinten) und Saar (vorne).

Das Zentrum ist, um ehrlich zu sein, nicht unbedingt von überragender Schönheit; Saargemünd war wie viele andere lothringische Städte gersde hier in der Grenzregion industriell geprägt. Das Rathaus ist ein moderner Zweckbau.

Einige Gebäude stammen noch aus der Kaiserzeit, als Lothringen zum Deutschen Reich gehörte, wie das “Kais. Landgericht”. So steht es jedenfalls über dem Eingang des Gebäudes an der Place de la République.

Innenhof des Konservatoriums:

Bekannt war die Stadt vor allem für die hier gefertigten Steingutwaren und die Keramik. Hierzu ist, in den ehemaligen Wohnräumen des Direktors der Steingutfabrik, das Musée de la Faïence eingerichtet.

Direkt neben dem Rathaus steht noch einer der wenigen erhaltenen alten Brennöfen für das Steingut.

Das ehemalige Werks-Casino der Keramikfabrik, ein Jugendstilbau mit Wandbildern aus Keramikfliesen an der Außenwand, steht an der Saar.

Auch wenn das Stadtzentrum nur leidlich hübsch ist: Die Stadt bietet eine charmante französisch-saarländische Mischung, was bei mir natürlich einen Nerv trifft. 

Die Mischung äußert sich unter anderem auch im aktuell stattfindenden Festival “Mir redde Platt”, das dieses Jahr zum 20. Mal stattfindet. Die lokale Sprache, die eng mit der rheinfränkischen Variante des Saarländischen verwandt ist, soll mit zahlreichen Veranstaltungen gefördert werden. Das Platt wird von den Restfranzosen vermutlich genausowenig verstanden wird wie von den Restdeutschen (“oh leck, dummel Dich, Du Schdippler”). 

Das Platt ist durchaus lebendig und auch im Alltag zu hören, zum Beispiel beim Stadionbesuch (“Och hèèr doch uff! Als lòò riwwa!”).

Werbung fürs Festival findet man auch am Saarufer, wo noch einige alte Frachtkähne (Peniches) vor Anker liegen.

Das Saarufer bietet sowieso einige schöne Motive, auch bei Nacht.